Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 582

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zu gefallen. Wird oben für die Flotte „geredet“ – er apportiert prompt ein patriotisches Projekt zur Schaffung einer Weltmachtflotte. Wird oben ein Zuchthausgesetz beliebt – er bringt in ganzen Bandwürmern von Artikeln die nötige „nationalökonomische“ Begründung dazu. Und sollen die sozialdemokratischen „Nagetiere“ zerschmettert werden – unser Wenckstern spritzt Gift und Galle und zerfleischt jeden Professor, der nicht sofort pariert und in das Wutgeheul mit einstimmt.

Jetzt hat er wieder nach Kräften Brentano denunziert und seine Maßregelung als unabweisbar bewiesen. „Ist es richtig, wenn der Staat sich gar nicht darum kümmert, welche Ideen auf den Universitäten in den Köpfen der Jugend angeregt werden? Der Staat, der staatliche Universitäten hat, muß die Verpflichtung auf sich nehmen, sich darüber zu orientieren, was denn die Herren Professoren in ihren Kollegien den jugendlichen Studenten mitzuteilen haben, und hat unter Umständen an dieser Stelle mit seiner ganzen Autorität einzugreifen.“

Wir als Anhänger der materialistischen Geschichtsauffassung begreifen sehr wohl, daß man, wenn man jahrelang trotz größter Dienstfertigkeit und eifrigster Gefälligkeit von der Privatdozentur nicht einen Schritt vorwärtskommt, in die Lage kommen kann und die ganze Welt ins Zuchthaus stecken oder im Weltmeer ersäufen möchte. Aber, Herr Wenckstern, soll denn die deutsche Arbeiterklasse büßen dafür, daß Sie noch nicht ordentlicher Professor sind?

Leipziger Volkszeitung,

Nr. 254 vom 2. November 1899.

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