Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 38

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tigste ist – niemand von den Sozialpatrioten denkt in der Tat bei der Aufstellung dieser Forderung an etwas anderes als an einen polnischen Klassenstaat. Der Auswärtige Verband polnischer Sozialisten ebenso wie die unzahlreichen sozialpatriotischen Elemente in Russisch-Polen, mit denen sich die galizischen Sozialisten solidarisch erklären, verwerfen sogar rundweg die Forderung einer Verfassung in Rußland und betrachten als ihr nächstes Ziel die Errichtung einer polnischen Republik, in der man das Lohnminimum, die Freiheit der Streiks etc. haben werde (s. Bulletin officiel, London, Nr. 1). Auch soweit die galizischen Sozialisten in der Agitation diese Forderung aufzustellen und zu begründen versuchten, war es immer ein bürgerlicher polnischer Staat, den sie im Auge hatten. Das angestrebte Polen ist also ein vor dem großen Kladderadatsch zu errichtender polnischer Klassenstaat, und die Frage, auf welchem Wege das Proletariat denn einen solchen errichten soll, bleibt, wie auch früher, offen.

Endlich erklärt Haecker das gemeinsame Vorgehen der drei polnischen Parteien wie bei der Maifeier durch pekuniäre und andere untergeordnete Rücksichten; das verhindert aber nicht im mindesten, daß ein solches Vorgehen in den wichtigsten Momenten des Parteilebens im Grunde genommen ein Zusammentreten zu einer gemeinsamen politischen Aktion ist, ohne daß der Boden zu einer solchen, angesichts der verschiedenen Bedingungen, in denen die polnischen Sozialisten wirken, von Haecker aufgewiesen wurde und auch aufgewiesen werden konnte.

Ebenso weiß Haecker unseren Ausführungen über die notwendigen Konsequenzen der sozialpatriotischen Aspirationen in der Bewegung nichts anderes als die heutige Praxis der polnischen Parteien entgegenzuhalten, die jedoch, wie wir ausdrücklich betonten, „nicht in Betracht kommt“, weil sie „offenbar nur auf Rechnung des ihnen mit den deutschen und österreichischen Genossen gemeinsamen Programms zu setzen und keineswegs als die praktische Betätigung der Forderung der Unabhängigkeit Polens zu betrachten“[1] ist. Unsere Hinweise dagegen auf den neueren Widerspruch zwischen dem Sozialpatriotismus und dem sozialdemokratischen Kampf, auf die theoretische Haltlosigkeit des ersteren blieben gänzlich unbeantwortet.

Wir glauben daher annehmen zu dürfen, daß die Antwort Haeckers besser als alles andere die Unmöglichkeit beweist, den sozialpatriotischen Standpunkt aufrechtzuerhalten, und sehen uns daher der Notwendigkeit enthoben, weiter auf die praktischen Fragen der galizischen Bewegung einzugehen. Wir wollen uns deshalb nur, im Anschluß an Haeckers Artikel,

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[1] Siehe Rosa Luxemburg: Neue Strömungen in der polnischen sozialistischen Bewegung in Deutschland und Österreich. In: GW, Bd. 1/1, S. 23.