Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 317

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hältnisse und das System, sondern bloß die Herrschaft wechseln werde. Daß solche Verhältnisse auch auf die Lage der Arbeiterschaft in der Union nicht ohne Einfluß sein werden, kann kaum bezweifelt werden. „Wie lange wird es währen“, schreibt das Gewerkschaftsblatt, „daß unter solchen Verhältnissen die obenanstehenden Klassen dieses Landes (der Vereinigten Staaten) eher den Gebrauch der Gewalt als den Willen der Mehrheit zur Verfolgung ihrer Pläne angewendet sehen möchten? Wird es nicht leicht sein, die verächtliche Gleichgültigkeit gegen die natürlichen Rechte und Wünsche der dunkelhäutigen Lohnarbeiter der Philippinen in gleicher Weise auf die Handarbeiter von unserem Blute und in unserem Lande zu übertragen?“ Die Annexion „wird dazu führen, Verachtung der Handarbeiter zu erzeugen, und wird die nichtswürdige Ansicht ermutigen, daß der Starke den Schwachen rechtmäßig ausbeuten darf und dieser dazu gebracht werden kann, um den Luxus für die Herrschaft billiger zu liefern“. Auch gegen die Einführung des stehenden Heeres und die Weltmachtpolitik der Union wendet sich das Arbeiterblatt mit aller Schärfe und spricht zum Schluß einen Satz aus, den sich auch unsere von der Beherrschung des Weltmarktes träumenden Politiker gut merken sollten: „Eine Nation, welche den Weltmarkt beherrschen will, muß der Arbeiterschaft Freiheit gewähren und muß ihr die Wege ebnen, die höchste Stufe der Lebenshaltung in der geistigen Entwicklung zu erreichen. Nur das Volk, in welchem solches geschieht, wird auf dem Weltmarkte entscheidend sein und die Geschicke der Welt leiten.“ Die hier geäußerten Ansichten zeigen, daß die Gewerkschaftler der Vereinigten Staaten in bezug auf die Fragen des Militarismus und der Kolonialpolitik auf dem Standpunkte der modernen Arbeiterbewegung stehen und daß sie sich überhaupt über die Fragen der allgemeinen Politik des Landes klar sind. Freilich wird ihr Protest gegen die Annexionen der Union eine Stimme in der Wüste bleiben, denn in Amerika wie in Europa halten noch die bürgerlichen Parteien das Heft der auswärtigen Politik gänzlich in ihren Händen. Angesichts aber der klaren Einsicht der Arbeiterschaft in die ihnen drohenden Gefahren wird die neue Ära in der Entwicklung der Vereinigten Staaten nicht umhinkönnen, einen festeren Zusammenschluß der Arbeiterschaft herbeizuführen und der Arbeiterbewegung einen neuen kräftigen Anstoß zu geben.

Sächsische Arbeiter-Zeitung (Dresden),
I-III: Nr. 300 vom 28. Dezember 1898,
IV u. V: Nr. 6 vom 8. Januar 1899.

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