Kultur! „Verrohung“ Caprivi
rohe Kriegsknechte erziehen, jedes Gefühl der Schamhaftigkeit ertöten, an Brutalität als tägliches Brot.[1]
Kriminalstatistik des Heeres
Erst seit 1910 Stat[istisches] Jahrb[uch] 1910
Beleid[igung] | Mißh[andlung] Untergebener | + | |
---|---|---|---|
1909 | 190 | 393 | 583 |
1910 | 188 | 368 | 556 |
1911 | 161 | 363 | 524 |
1912 | 167 | 359 | 526 |
1913 | 184 | 306 | 490[1] |
[1] Siehe Rubrik XII. Justizwesen. 1. Kriminalstatistik für das Deutsche Heer und die Kaiserliche Armee. In: Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich. Hrsg. vom Kaiserlichen Statistischen Amte. Einunddreißigster Jg. 1910, Berlin 1910, S. 279. |
D[eutschland ?] ist ohne „alte Leute“.
Erfolgreiche Selbstmorde
Seit 1878 hat sich die Heeresstärke etwa verdoppelt, die Zahl der Selbstmordversuche ohne Folge Tod versechsfacht.
Selbstmorde mit tötl[ichem] Ausgang
Für 1870 bis 1911 (41 Jahre) gibt die amtl[iche] Stat[istik] 10439 an.
Jedes Jahr enden also 220–240 Sold[aten] durch Selbstmord. Als Ursache fast regelmäßig: „Furcht vor der Strafe“. Z Außerdem sind jedes Jahr 130 bis 150 S[elbstmord]-Versuche ohne tödl[ichen] Ausg[ang].
Zusammen jährlich 350–390.
Jeden Tag ein Selbstmord!
Selbstmord
Pin Kaü[2]
[1] Caprivi sagte am 15. Februar 1892 in der Reichstagsdebatte zum Etat der Militärjustizverwaltung: „Wir brauchen solche Erziehung der Jugend weit mehr als früher; denn die Menschen, die uns zur Ausbildung überwiesen werden – ich werde an ein Wort des seligen Feldmarschalls Graf von Moltke erinnert, das, wenn ich mich recht erinnere, an dieser Stelle gefallen ist: Zum Volk in Waffen gehören auch die Spitzbuben! – uns werden von Jahr zu Jahr mehr Leute als früher überwiesen, die vorbestraft sind, und wir müssen zu unserem großen Bedauern uns zu dem Schluß berechtigt halten, daß die Verrohung in der Bevölkerung nicht ab-, sondern zunimmt.“ Siehe Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags. VIII. Legislaturperiode. I. Session 1890/92. Sechster Band (Band 119), Berlin 1892, S. 4213.
[2] Gemeint ist der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Karl Pinkau aus Leipzig, dessen Artikel über Soldatenselbstmorde in der Chemnitzer Volksstimme im Lübecker Volksboten am 15. Juni 1914 nachgedruckt wurde.