Erklärung auf Befragung durch Amtsgerichtsrat Korschel vom Königlichen Amtsgericht Berlin-Mitte am 1. Juli 1915 über die Zeitschrift „Die Internationale“
[1]Ich bin die Mitherausgeberin der inkriminierten Monatsschrift und habe den ersten Artikel derselben „Der Wiederaufbau der Internationalen“ verfaßt.
Ich muß nun zunächst um Zurverfügungstellung eines Exemplars der inkriminierten Monatsschrift bitten, schon deshalb, weil ich außer meinem eigenen Artikel den Inhalt der Schrift nicht kenne, wenngleich ich natürlich die Verantwortung des Inhalts trage. Die Schrift ist nach meiner am 18. II. 15 erfolgten Verhaftung erschienen und mir nicht zu Gesicht gebracht worden.
Ferner bitte ich um Zustellung einer Abschrift der Anklage bzw. der Beschlüsse über Eröffnung der Voruntersuchung.
Ich bestreite, daß der Inhalt sowohl meines Artikels als auch der übrigen meiner Monatsschrift gegen die in dem Anklagebeschluß bezeichneten Gesetzesbestimmungen irgendwie verstoßen, bin aber erst nach Zustellung der erbetenen Schriftstücke in der Lage, mich zweckentsprechend und ausführlich über die Anklagepunkte zu äußern.[2]
v. g. u.
DRLuxemburg
Korschel geschl. Thieme [Gerichtsassistent,
Schreiber der Erklärung.]
SAPMO-BArch, NY 4002/78, Bl. 45 f.
[1] Überschrift der Redaktion. – Die Befragung fand im Frauengefängnis, Barnimstraße 10, statt.
[2] Die Anklage in der Strafsache gegen Rosa Luxemburg und Genossen wurde erhoben wegen Vergehens gegen §§ 130, 110, 111, 47, 73 STR.G.B. [Strafgesetzbuch], §§ 9c und 9d des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851, § 20 des Reichspressegesetzes – 8/15 J. 72/15. Siehe SAPMO-BArch, NY 4002/78, Bl. 148.