Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 967

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Die geplante Reichsparteikonferenz

[1]

Ehe die geplante Reichsparteikonferenz berufen wird[2] soll der Parteiausschuß nochmals zusammentreten, um die Zusammensetzung und die Aufgaben dieser Konferenz zu begrenzen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß zwischen dieser Sitzung und dem Zusammentritt der Konferenz nur eine kurze Spanne Zeit liegt. Deshalb ist es nötig, schon jetzt zu ihr Stellung zu nehmen.

Welche Aufgaben soll sie lösen, wie soll sie zusammengesetzt sein? In der Sitzung des Parteiausschusses[3] führte Genosse Ebert darüber aus, daß er es lebhaft begrüßen würde, wenn es möglich wäre, einen Parteitag abzuhalten, um eine Aussprache mit den Parteigenossen herbeizuführen und mit den Genossen, die den Parteivorstand angegriffen haben, abzurechnen. Nicht um die große Frage der Kriegspolitik zu entscheiden, das könne nach dem Kriege geschehen. Eine andre Form wäre eine Konferenz von Vertretern aller Wahlkreise, den Bezirksvorständen, Redakteuren, sie könnte keine Beschlüsse fassen, aber die Aussprache würde klärend wirken. In der Aussprache wurde die Konferenz befürwortet in der Annahme, daß durch sie Zersplitterung der Organisation verhindert werden könnte. In seinem Schlußwort erklärte Genosse Ebert, daß er sich die Konferenz vorstelle ähnlich wie die mitteleuropäische im Reichstag. Die Zusammensetzung denke er sich so: Parteivorstand, Parteiausschuß, Vertretung aus dem Reiche. Als Maßstab für die Vertretung könne nur die Mitgliederzahl der Kreisorganisationen berücksichtigt werden, wie sie jetzt besteht. Ein Modus würde sich finden. Ob die Redakteure hinzugezogen werden, kann erwogen werden. Die Kosten der Delegation tragen die Organisationen. Im Gegensatz zu seiner ersten Erklärung bemerkte er dann: Wir werden Beschluß fassen, aber nicht in die Kompetenzen des Parteitags eingreifen.

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[1] Der Artikel ist am Ende mit R.L. gezeichnet. In der RL-Bibliographie von Feliks Tych, 1962 (Jadwiga Kaczanowska przy konsultacji i wspólprácy Feliksa Tycha: Bibliografia Pierwodruków Rózy Luksemburg. Nadbitka Z pola walki, kwartalnik Poswiecony Dziejom Ruchu Robotniczego, Warschau 1962 Nr. 3 [19]), ist er unter Nr. 631 ausgewiesen.

[2] Gemeint ist die Reichskonferenz der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, die letztlich vom Parteivorstand einberufen wurde und vom 21. bis 23. September 1916 in Berlin stattfand. Spartacus Nr. 1 vom 20. September 1916 polemisierte scharf gegen den „Durchhalte-Parteitag“. Siehe Spartakusbriefe, S. 226 ff.

[3] Gemeint ist die Sitzung des Parteiausschusses vom 18. August 1916, in der unter Tagesordnungspunkt zwei Friedrich Ebert die Vorschläge des Parteivorstandes zur Reichskonferenz erläuterte, das Schlußwort hielt und die Einberufung der Reichskonferenz beschlossen wurde. Siehe Protokolle der Sitzungen des Parteiausschusses der SPD 1912 bis 1921. Nachdrucke. Hrsg. von Dieter Dowe. Mit einer Einleitung von Friedhelm Boll sowie einem Personen- und Ortsregister von Horst-Peter Schulz, Band I, Berlin/ Bonn 1980, S. (374 f.) und S. (383–385.)