Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 644

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[Zur Situation in der tschechischen und ungarischen Sektion]

Sechste Sitzung [des ISB] – Mittwoch, den 31. August[1]

Němec verliest im Namen der tschechischen Sektion die folgende Erklärung:

Die auf dem Sozialistenkongreß von 37 Delegierten vertretene tschechische Sektion erklärt, daß sie ihre erste Entscheidung nicht aufheben kann, sieben Delegierte nicht als Mitglieder der tschechischen Sektion anzuerkennen. Für den Fall, daß jedoch das Internationale Büro entgegen der Resolution der böhmischen Sektion entscheiden sollte, diese Delegierten, die sich nicht der Prager tschechoslowakischen Gewerkschaftskommission angeschlossen haben, entweder zunächst provisorisch oder sogar endgültig anzuerkennen oder sie eine Untersektion bilden zu lassen, erklärt die tschechische Sektion, daß sie eine solche Anerkennung als einen Bruch der Einheit der tschechoslowakischen Sozialdemokratie ansähe, daß es ihr unmöglich wäre, dies zu billigen und daß sie keinerlei Verantwortung für die Konsequenzen einer solchen Entscheidung des Internationalen Büros für die Gesamtheit der Sozialdemokratie in Österreich übernehmen würde.

Němec fügt hinzu, daß in seiner Sektion von der Gesamtheit der Tschechen einstimmig die Meinung geteilt wird, daß sie nicht als eine einheitliche Partei zum Kongreß angereist sind, um ihn als geteilte Partei wieder zu verlassen. Wir sind nicht für die Entscheidungen des Büros verantwortlich, werden uns jedoch dieser Entscheidung fügen.

Jaurès (Frankreich): Wir bedauern sehr, daß Vanderveldes Vorschlag über die Bildung einer Untersektion nicht von den tschechischen Genossen angenommen worden ist. Einerseits ist es uns unmöglich, einer Sektion Mitglieder aufzudrängen, die sie nicht wünscht. Andererseits können wir keine Delegierten ausschließen, denen man nicht vorwerfen könne, daß sie keine deutlichen internationalistischen Tendenzen verfolgen: Vanderveldes Vorschlag, für die sieben Zurückgewiesenen eine tschechische Untersektion zu bilden, ist gut. Wir gefährden dadurch auf keinen Fall die Einheit der tschechischen Partei. Wir würden das machen, wenn wir der Sektion die von ihr zurückgewiesenen Delegierten aufzwingen würden oder wenn wir es ablehnen würden, diese Delegierten anzuerkennen. Das Büro übernimmt voll und ganz die Verantwortung für die Bildung der Untersektion.

Vandervelde erklärt seinen Vorschlag in dem Sinne, daß die Bildung der tschechischen Untersektion nur provisorisch sein und nur für den gegenwärtigen Kongreß gelten wird.

Adler (Österreich): Niemand bedauert so sehr die Entscheidung der tschechischen Genossen, wie wir es tun. Aus Němecs Erklärung geht hervor, daß Jaurès’ Sicht nicht

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[1] Der Text folgt dem französischen Protokoll, S. 422–427.