Eine Abfertigung
[1]In ihrer letzten Nummer – Nr. 20 vom 19. Mai d. Js. – widmet die Bremer „Arbeiterpolitik“[2]der Gruppe „Internationale“ etwa vier Fünftel ihres Raumes, was zwar für uns sehr schmeichelhaft, aber etwas lästig ist, da man den eintönigen Zeterton dieser Huldigung nicht ohne beträchtliche Langeweile genießen kann. Wir gehen nur insoweit darauf ein, als wir einige tatsächliche Unwahrheiten, die das Blatt über die Gruppe „Internationale“ verbreitet, kurz berichtigen:
Schon mehrfach hat es behauptet, daß die „Berliner Leitung“ unserer Gruppe, wen und was es immer darunter verstehen mag, die Mitgliedschaften zum Anschluß an die Arbeitsgemeinschaft[3] veranlaßt oder sie gar damit überrumpelt habe. Das ist unwahr. In der Gothaer Konferenz unserer Gruppe[4] haben sich von 26 Delegierten nur zwei gegen den Anschluß erklärt, und die Mitgliedschaft, die einen dieser Opponenten entsandt hat, ist inzwischen auch anderen Sinnes geworden. Die „Berliner Leitung“ hatte den Anschluß nicht nur nicht befohlen, wenn sie überhaupt etwas zu befehlen hätte, sondern nicht einmal empfohlen, sondern ganz dem freien Entschluß der Delegierten „anheimgestellt“, wie denn von ihren Mitgliedern nur einer auf einige Stunden in Gotha anwesend war.
Neuestens macht die Bremer „Arbeiterpolitik“ die Beteiligung an der Stockholmer Konferenz zu dem fürchterlichsten Verbrechen, das an der Arbeiterbewegung begangen werden kann.[5] Sie meint, dagegen sei es noch ganz harmlos, wenn ihr lieber Freund und Bundesgenosse Julian Borchardt[6] eine alldeutsche Hetzbroschüre unter dem Schutze seines Namens in Arbeiterkreise zu schmuggeln versucht habe. Das ist dann freilich Geschmacksache. Wir bekennen ganz unumwunden unsere Ansicht,
[1] Der Artikel ist mit ♂, einem von Rosa Luxemburgs Zeichen versehen, das sie auch für Beiträge in der SAZ 1898 häufig verwendet hat. Siehe GW, Bd. 6, S. 129 ff.; siehe auch S. 995, Fußnote 1.
[2] Die erste Nummer der „Arbeiterpolitik. Wochenschrift für wissenschaftlichen Sozialismus“, von Johann Knief legal herausgegeben, war am 24. Juni 1916 erschienen. Sie war das Publikationsorgan der Linksradikalen in Bremen. – Siehe auch Gerhard Engel: Johann Knief. Ein unvollendetes Leben, Berlin 2011.
[3] Siehe S. 993, Fußnote 4.
[4] Die Gothaer Konferenz der Gruppe „Internationale“ fand am 5. April 1917 zur Vorbereitung ihres Auftretens auf der von der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft für den nächsten Tag einberufenen Konferenz der Opposition statt. Siehe auch S. 1043 ff.
[5] Siehe S. 1052 ff. und 1055 ff.
[6] Siehe S. 1043, Fußnote 3.