Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 906

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Vorträge über Nationalökonomie, Entstehung und Entwicklung des Kapitalismus

[1]

1. Entstehung der mittelalterlichen Stadt. – Das freie Stadtregiment als erste Bresche im Feudalismus. – Die Geldwirtschaft.

2. Das Zunfthandwerk.

3. Die städtische Entwicklung am Ausgang des Mittelalters.

4. Das Zeitalter der Entdeckungen. – Das älteste Kolonialsystem. – Entstehung des modernen Proletariats. – Ursprung des Kapitals.

5. Anfänge der modernen Industrie. – Ausbildung des Weltmarktes. – Krisen, ihre Ursachen und Wirkungen.

6. Die Macht des herrschenden Kapitals. – Kartelle und Trusts. – Das Bankkapital.

7. Die imperialistische Phase des Kapitalismus. – Wirtschaftliche Umwälzungen in vorkapitalistischen Ländern.

8. Rückwirkungen der modernen kapitalistischen Entwicklung auf die Arbeiterklasse.

Acht Vorträge.[2]

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[1] Überschrift der Redaktion.

[2] Laut Anzeige sollten die Vorträge in der Arbeiter-Bildungsschule Berlin in Neukölln, Bartschs Festsälen, Hermannstr. 49 stattfinden. Während die Presse sich über ihre Aktivität ausschwieg, befinden sich in den Erinnerungen von Teilnehmern, z. B. Bruno Thormann und Elsa Winguth, Berichte über den Verlauf der Veranstaltungen. Etwa 60 Interessenten kamen. Auch wissenschaftliche Vorträge seien in den Dienst des Kampfes gegen den Krieg gestellt worden, notierte Mathilde Jacob. „So veranstaltete Rosa Luxemburg für die Sozialdemokratische Partei im Herbst 1914 einen öffentlichen Kursus über ‚Entstehung und Entwicklung des Kapitalismus‘. Sie ging aus von der Entwicklung des Städtewesens, von der einsetzenden Geldwirtschaft, dem Zunfthandwerk, der Entdeckung Amerikas und den damit verbundenen Kolonialgreueln, um dann zur modernen Industrie und dem durch sie erzeugten Industrieproletariat überzugehen. Die Aufzeigung der Krisen, die der moderne Kapitalismus hervorruft, bot der Dozentin zu Erklärungen Gelegenheit, wie alle Versuche, die Krisen zu überwinden, zum Weltkrieg führen mußten.

Konnte auch ein Teil der zahlreichen Hörer, die an den Sonntagvormittagen in Bartschs Festsälen in Neukölln sich einfanden, den Schlußfolgerungen nicht immer zustimmen, den dialektisch meisterlichen Ausführungen folgten alle mit regem Interesse.“ Siehe Mathilde Jacob: Von Rosa Luxemburg und ihren Freunden in Krieg und Revolution 1914–1919. Hrsg. und eingeleitet von Sibylle Quack und Rüdiger Zimmermann. In: IWK, 24. Jg., Dezember 1988, Heft 4, S. 442 f.

Wilhelm Pieck schrieb: „In Neukölln fand gleich nach Ausbruch des Krieges ein auf vier Vorträge berechneter Kursus der Genossin Luxemburg statt, der schon vor Ausbruch des Krieges festgesetzt worden war, in ihm zogen Genossin Luxemburg und die Diskussionsredner scharf gegen die Kriegspolitik der Partei zu Felde, so daß die Organisationsleiter den Bannstrahl gegen dieses frevelnde Beginnen erließen.“ Siehe Erinnerungen von 1920. In: Wilhelm Pieck: Gesammelte Reden und Schriften, Band I, Berlin 1959, S. 330.

Rosa Luxemburg selbst machten die Sonntagskurse Freude. Siehe GB, Bd. 5, S. 26. – Presse- oder Polizeiberichte wurden bisher nicht gefunden. – Zu einem ähnlichen Vortragszyklus im Jahre 1907 siehe S. 105 ff.