Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 641

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[Zur Vertretung der Sozialistischen Partei der USA]

Fünfte Sitzung des Internationalen Sozialistischen Büros [ISB] – 30. August 1910

Die Vertretung der Vereinigten Staaten[1]

De Leon (S.L.P.[2]) erklärt, daß die S.L.P. zahlenmäßig nicht so schwach ist, wie die Sozialistische Partei [der USA] behauptet. Basierend auf der Stuttgarter Resolution[3] hat die S.L.P. versucht, die Einheit zu erzielen, aber die Sozialistische Partei hat sie nicht gewollt. Es wurde uns gesagt, daß man nur mit uns einzeln verhandeln möchte. Die letzten Wahlen haben gezeigt, daß sich die Sozialistische Partei rückläufig entwickelt.

Der Präsident: Wie viele Mitglieder hat Ihre Organisation?

De Leon: Ich kann es nicht genau sagen, aber ich schätze ca. 3000. Wenn man meiner Partei die Stimme nehmen würde, die sie im Büro hat, würde man die amerikanische Avantgarde treffen, die sich in ihrer Arbeit nach den Resolutionen der Internationale richtet. Eine Partei, die in der Lage ist, aus eigener Kraft eine Tageszeitung am Leben zu erhalten, ist noch nicht mit ihrem Schicksal am Ende. Ich beantrage daher die Aufrechterhaltung des Status quo.

Der Präsident: Um keine Zeit zu vergeuden, schließe ich mich dieser Sichtweise an.

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[1] Der Text folgt dem französischen Protokoll, S. 416–419.

[2] Socialist Labour Party [USA].

[3] Gemeint ist die Resolution über die Beziehungen zwischen der politischen Partei und den Gewerkschaften, die auf dem Internationalen Sozialistenkongreß in Stuttgart 1907 mit Mehrheit gegen sieben Stimmen angenommen worden war. Zu Anfang heißt es in ihr: „I. Zur vollständigen Befreiung des Proletariats aus den Fesseln der geistigen, politischen und ökonomischen Knechtschaft ist der politische und wirtschaftliche Kampf der Arbeiterklasse in gleichem Maße notwendig. Wie die Aufgabe der sozialistischen Parteiorganisationen vorwiegend auf dem Gebiete des politischen Kampfes des Proletariats liegt, so liegt die Aufgabe der gewerkschaftlichen Organisationen vornehmlich auf dem Gebiete des wirtschaftlichen Kampfes der Arbeiterschaft. Partei und Gewerkschaften haben also im Emanzipationskampf des Proletariats gleichwertige Aufgaben zu erfüllen.

Jede der beiden Organisationen hat ein durch ihre Natur bestimmtes eigentümliches Gebiet, auf dem sie ihre Aktion vollständig selbstständig zu bestimmen hat. Daneben aber gibt es ein stets wachsendes Gebiet des proletarischen Klassenkampfes, auf dem Erfolge nur erzielt werden können bei einmütigem Zusammenwirken zwischen Partei- und Gewerkschaftsorganisation.

Der Kampf des Proletariats wird sich daher um so erfolgreicher und günstiger gestalten, je inniger die Beziehungen zwischen Gewerkschaften und Parteiorganisationen sind, wobei die Einheitlichkeit der Gewerkschaftsorganisation im Auge zu behalten ist.

Der Kongreß erklärt, es müsse die Arbeiterschaft dazu gelangen, daß in allen Ländern innige Beziehungen zwischen Partei und Gewerkschaften hergestellt und dauernd unterhalten werden.“ Siehe Internationaler Sozialistenkongreß zu Stuttgart vom 18. bis 24. August 1907, Berlin 1907, S. 50 und S. 106–109.