Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 668

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Welches ist also der Ausweg? Die Verweigerung des Kriegsdienstes, „noch bevor man unter den betäubenden Einfluß der Disziplin verfallen ist“[1] und –

„die eigene persönliche Vervollkommnung, das heißt die Ersetzung der eigenen egoistischen Bestrebungen durch das den anderen Menschen liebevolle Dienen, wie es im Evangelium heißt und worin auch der Sinn des Gesetzes und der Propheten besteht: handle den anderen gegenüber so, wie du willst, daß man dir gegenüber handle.“[2]

Der kirchliche Bannfluch, der den einzigen wahren Christen in Rußland nach dem Erscheinen der „Auferstehung“ getroffen hat, und das ehrende Verbot der Seelenmessen für den Verstorbenen beweisen genug, wie wenig das Christentum Tolstois mit der offiziellen Kirche zu tun hat, die in Rußland noch deutlicher wie anderwärts bloß eine geistliche Abteilung der Gendarmerie ist. Doch tritt ein reaktionärer Zug in der „christlichen Predigt“ Tolstois deutlich hervor, und dieser reaktionäre Zug hängt aufs engste zusammen mit dem eigentlichen schwachen Punkt in der ganzen

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[1] Ebenda, S. 67.

[2] Inhaltliche Bezüge zu Leo N. Tolstoi: Der Sinn des Lebens. Antwort an den Synod, Brief an den Zaren und seine Leute. In: ebenda, S. 2: Ziel der menschlichen Gesellschaft sei Gottes Reich auf Erden. „Das Mittel aber, um das zu erreichen, das heißt die Antwort auf die Frage, was der Mensch tun soll, besteht darin, was, wie es im Evangelium gesagt ist, das ganze Gesetz und die Propheten ausmacht: ‚handle anderen gegenüber so, wie du willst, daß man gegen dich handeln soll.‘“

Ebenda, S. 33 „Der Wille verlangt von uns zweierlei: eine ständige Selbstvervollkommnung und eine ständige Mitwirkung an der Begründung des Reiches Gottes auf Erden, das heißt einer solchen Lebensordnung, bei der sich alle Menschen als gleiche Brüder bewußt sein und einander lieben sollten.“