Das Zentrum hat also die Einführung der geheimen Wahl selbst angeboten, entgegen der feierlichen Erklärung, die es kurz vorher im Plenum des Abgeordnetenhauses abgegeben hat. In den Beratungen der Kommission haben auch die Nationalliberalen ein besonders liebevolles Herz als Scharfmacher für das Proletariat. Sie haben folgenden Vorschlag gemacht: Es soll eine gewisse Sorte von Arbeitern zum Lohne für ihre Tugenden aus der dritten Wählerklasse in die zweite verschoben werden, „Welche Sorte Arbeiter?“ Es sollen Arbeiter sein, die zwölf Jahre bei ein- und demselben Unternehmer ausgehalten haben. (Gr[oße] Heiterkeit.) Dann ist das Werk der Budgetkommission wieder an das Plenum gekommen und dort in dritter Lesung endgültig angenommen worden. Noch in dritter Lesung ist es fertig gebracht worden, noch einige reaktionäre Maßnahmen in das Gesetz hineinzuschmuggeln. Es ist z. B. die schöne Reform darin aufgenommen worden, daß in kleinen Orten mit weniger als 3000 Einwohnern an Stelle der Fristwahlen die Terminwahlen eingeführt werden können. Worin besteht der Unterschied? Während bei den Fristwahlen, z. B. beim Reichstag, es vorgeschrieben ist, daß am Tage der Wahl in der Zeit von acht Uhr vorm[ittags] bis sechs Uhr abends jeder Wahlberechtigte sich meldet, wenn es ihm beliebt, heißt es bei den Terminwahlen, daß der Landrat bestimmen kann, daß die Wähler des Ortes z. B. von acht bis neun Uhr, in einer einzigen Stunde zur Wahl erscheinen und ihre Stimme abzugeben haben. Eine solche Bestimmung ist geeignet, den Wählern das Wahlrecht so zu verekeln, daß sie lieber auf die Ausübung des Wahlrechts verzichten. Das war auch die Absicht bei dieser Bestimmung.
Die Geschichte der Vergangenheit ist dazu da, damit wir daraus für die Gegenwart und Zukunft Lehren schöpfen. Wollen wir aus der Geschichte anderer Staaten lernen, so brauchen wir nur einen Blick nach dem kleinen Belgien zu werfen. Bis in die Mitte der achtziger Jahre war Belgien das berühmte Paradies der Kapitalisten, denn das arbeitende Volk war gänzlich vom Wahlrecht ausgeschlossen. Von einer Arbeiterschutzgesetzgebung war kaum eine Spur, es existierten gänzlich verwahrloste Volksschulen, 14- bis 16stündige Arbeitszeit und als verbündete Mächte der Reaktion fungierten die Schnapsflaschen und die katholischen Pfaffen. (Heiterkeit.) Das war wahrhaftig ein Paradies für die Kapitalisten. Aber auch in Belgien ging der Krug so lange nach dem Brunnen, bis er brach. Im Jahre 1886 ist in das verwahrloste belgische Proletariat ein neuer Geist gefahren. Es kam zu einem Sturm, an der Spitze marschierten die belgischen Bergarbeiter. Und kaum war der wirtschaftliche Kampf erwacht, da erscholl auch die Forderung nach dem allgemeinen, gleichen Wahlrecht. Polizeischikane und Blutvergießen waren natürlich die ersten Beruhigungsmittel. Es vergingen zuerst fünf Jahre äußerer scheinbarer Ruhe, schon hatten die Machthaber gehofft, der Sturm sei ein für allemal vorbei, es sollte aber anders kommen. Genau am 1. Mai des Jahres