Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 1007

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Bebel ist in diesen Dingen also gar keine Autorität für die Gruppe „Internationale“, und noch viel weniger Hervé. Maßgebend sind für die „politischen Nihilisten“ und „gewerkschaftlichen Syndikalisten“ – mit diesem Titel beehrt der „Vorwärts“ die Gruppe „Internationale“ – allein die Beschlüsse, die die Internationalen Kongresse in Stuttgart [1907], Kopenhagen [1910] und Basel [1912] für den Fall gefaßt haben, daß ein imperialistischer Weltkrieg ausbräche.[1] In diesen Beschlüssen, denen übrigens auch Bebel beigestimmt hat, wird mit keinem Wort ein Unterschied zwischen Angriffs- und Verteidigungskrieg gemacht. Was wirklich darin steht, weiß der „Vorwärts“ so gut wie wir, wenn er sich auch anstellt, als ob er es nicht wisse.

Damit ist jedoch noch lange nicht die Höhe dessen erreicht, was der „Vorwärts“ im Verdrehen leistet. Beleuchten wir ihn einmal mit dem Lichte, das aus der Laterne seiner Autorität Bebel strahlt! Nach Bebel darf die Sozialdemokratie niemals einen Angriffskrieg unterstützen. Wer aber hat die Ursache des gegenwärtigen Weltkrieges in einem Angriffe Österreichs entdeckt? Nun derselbe Parteivorstand, dessen Sprachrohr der gegenwärtige „Vorwärts“ ist. In seinem Manifest vom 25. Juli 1914 stellt der Parteivorstand zunächst fest, daß die Kriegsfurie vom österreichischen Imperialismus entfesselt worden sei und fährt dann wörtlich fort:

„Verurteilen wir auch das Treiben der großserbischen Nationalisten, so fordert doch die frivole Kriegsprovokation der österreichisch-ungarischen Regierung den schärfsten Protest heraus. Sind doch die Forderungen dieser Regierung so brutal, wie sie in der Weltgeschichte noch nie an einen selbständigen Staat gestellt sind, und können sie doch nur darauf berechnet sein, den Krieg geradezu zu provozieren.

Das klassenbewußte Proletariat Deutschlands erhebt im Namen der Menschlichkeit und der Kultur flammenden Protest gegen dies verbrecherische Treiben der Kriegshetzer. Es fordert gebieterisch von der deutschen Regierung, daß sie ihren Einfluß auf die österreichische Regierung zur Aufrechterhaltung des Friedens ausübe, und falls der schändliche Krieg nicht zu verhindern sein sollte, sich jeder kriegerischen Einmischung enthalte. Kein Tropfen Blut eines deutschen Soldaten darf dem Macht-

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[1] Entsprechend der Anträge von Rosa Luxemburg, W. I. Lenin und L. Martow erhielt der letzte Passus des Bebelschen Resolutionsentwurfs folgende Fassung: „Droht der Ausbruch eines Krieges, so sind in den beteiligten Ländern die Arbeiter und ihre parlamentarischen Vertreter verpflichtet, alles aufzubieten, um den Ausbruch des Krieges durch Anwendung entsprechender Mittel zu verhindern, die sich je nach der Verschärfung des Klassenkampfes und der allgemeinen politischen Situation naturgemäß ändern und steigern. Falls der Krieg dennoch ausbrechen sollte, sind sie verpflichtet, für dessen rasche Beendigung einzutreten und mit allen Kräften dahin zu streben, um die durch den Krieg herbeigeführte wirtschaftliche und politische Krise zur politischen Aufrüttelung der Volksschichten und zur Beschleunigung des Sturzes der kapitalistischen Klassenherrschaft auszunutzen.“ Siehe Internationaler Sozialistenkongreß, 18. bis 24. August 1907, Berlin 1907, S. 85/86. Siehe auch GW, Bd. 2, S. 235 ff. Die Stuttgarter Resolution war auch für die Internationalen Sozialistenkongresse in Kopenhagen 1910 und Basel 1912 Grundlage ihrer Antikriegsbeschlüsse.