Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 960

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Parlament verhaften wollte. Damit ward der Sturm entfesselt, der ihn den Kopf kosten sollte.

Viermal hatte Karl I. seit seiner Thronbesteigung das Parlament einberufen und hatte es immer wieder sehr bald wegen hartnäckiger Unbotmäßigkeit aufgelöst. England war damals durch die herrschende Reaktion in eine Reihe von Kriegen verwickelt: erst mit Spanien, Österreich und Frankreich, dann mit Schottland, wo ein Aufstand gegen die Willkürherrschaft Karls und seiner hohen Geistlichkeit ausgebrochen war. Die Regierung forderte vom Parlament vor allem die Bewilligung von Kriegskrediten. Das Parlament erklärte jedoch: Vor der Bewilligung irgendwelcher Mittel muß das ganze reaktionäre System reformiert, müssen die Minister in Anklagezustand versetzt und dem Volke die politischen Freiheiten gesichert werden. Angesichts der Unbeugsamkeit des Parlaments jagte Karl I. die Abgeordneten auseinander und versuchte elf Jahre lang ganz absolutistisch zu regieren. Aber die Gärung im Volke wuchs. Man weigerte sich, Steuern zu zahlen, man verbreitete massenhaft revolutionäre Flugschriften, es gab immer häufiger Straßenaufläufe und Demonstrationen. In ihrer Ratlosigkeit berief die Regierung endlich das Parlament 1640 wieder ein. Es blieb jedoch fest, und sein erstes Wort war: ehe nicht die politische Freiheit gesichert ist, keinen Pfennig zur Kriegführung. Der Konflikt spitzte sich zu, und der König entschloß sich zu einem Gewaltstreich. Fünf der angesehensten Führer der Opposition im Parlament sollten des Hochverrats angeklagt werden. Über das, was darauf folgte, erzählt der Historiker Guizot in seiner „Geschichte der Englischen Revolution“:

„In der Tat begab sich noch an demselben Tage der Generalstaatsanwalt, Sir Edward Herbert, nach dem Oberhaus, und klagte Lord Kimbolton sowie die Unterhausmitglieder Hampden, Pym, Holles, Strode und Haslerig des Hochverrats an, weil sie versucht [hatten], 1. die Grundgesetze des Reiches umzustoßen und dem König seine gesetzliche Macht zu rauben; 2. das Volk dem König durch böswillige Verleumdungen zu entfremden; 3. die Armee gegen den König in Aufstand zu bringen; 4. eine fremde Macht, Schottland, zum Einfall in das Reich zu veranlassen; 5. die Rechte und selbst die Existenz der Parlamente zu vernichten; 6. gegen den König und das Parlament aufrührerische Versammlungen zu erregen, um ihre verbrecherischen Pläne mit Gewalt durchzusetzen; 7. endlich, zum Kriege gegen den König aufzureizen. Zu gleicher Zeit verlangte Sir Edward die Ernennung eines Ausschusses, um die Anklage zu untersuchen, und daß es der Kammer gefallen möge, sich der Person der Angeklagten zu versichern.

Die Lords blieben still und stumm, niemand hatte eine solche Handlung vorausgesehen, keiner wagte zuerst zu sprechen. Endlich stand Lord Kimbolton auf. ‚Ich bin bereit‘, sagte er, ‚allen Befehlen des Hauses zu gehorchen, da meine Anklage aber öffentlich ist, verlange ich, daß es meine Rechtfertigung ebenfalls sein möge‘, worauf er sich, noch immer von Schweigen umgeben, wieder setzte. Lord Digby, der neben ihm saß, flüsterte ihm ins Ohr: ‚Wie kläglich doch der König beraten ist; ich müßte

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