Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 909

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Japs, die hinterlistigen Briten, die ruhmredigen Franzosen, die verlogenen Belgier, die undankbaren Buren, die Renommierkanadier oder auch die halbwilden verschleppten Indier, Turkos, Zuaven, Neger und anderes Geschmeiß“[1]. Es heißt dann noch: „Unauslöschlich wird in der Geschichte nur fortbestehen die Schmach des perfiden Albions“,[2] und über „die demokratischen, sozialdemokratischen, syndikalistischen und sozialrevolutionären Wortritter“, die auf die Fähigkeit, die Dinge mit nüchternen Augen zu betrachten, nicht verzichten wollen, wird mit einem „ebenso bedauerlichen wie verächtlichen Lächeln quittiert.“[3]

Will man dies Getobe wider sein Verdienst und Würdigkeit einmal unter die historische Lupe nehmen, so führt das „perfide Albion“, die „jämmerliche Krämerseele“,7[4] den Krieg gegen Deutschland nicht anders, wie es ihn vor hundert Jahren gegen Frankreich geführt hat, unter lebhaftester Bewunderung und Billigung aller deutschen Patrioten. Und dieselben Kosaken, deren grausame Kriegführung um so weniger bestritten werden soll, als sie sich aus der niedrigen Kulturstufe ergibt, auf der sie stehen, wurden vor hundert Jahren von der deutschen Bevölkerung auf Händen getragen, als die Befreier Germaniens; das liebliche Lied: Schöne Minka, ich muß scheiden, das ein gefühlvoller Kosak an eine geliebte Kosakin gedichtet haben sollte, war damals eine Art deutscher Nationalhymne.[5]

Nun mag man sagen: historische Gerechtigkeit hat im Kriege nichts zu tun; da gilt nur das Dichterwort: Zu den Waffen! Zu den Waffen! Was die Hände blindlings raffen! Wohl, aber wem nützen solche Wutausbrüche, wie wir eben aus einem Arbeiterblatte angeführt haben? Dem „Geschmeiß“ krümmen sie kein Haar; wenn sie im Ausland überhaupt beachtet werden, so haben sie nur die eine Wirkung, die abgeneigte Stimmung zu nähren, die namentlich in den neutralen Staaten gegen die Deutschen besteht. Oder bedürfen die deutschen Soldaten im Felde solcher Aufmunte-

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[1] Aus unserem Berufe. Seeleute. In: Courier. Zentralorgan für die Interessen der im Handels-, Transport- und Verkehrsgewerbe beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen Deutschlands. Publikations-Organ des Deutschen Transportarbeiter-Verbandes (Berlin), 18 Jg., Nr. 38 vom 25. Oktober 1914, S. 426.

[2] Ebenda, S. 427.

[3] Ebenda, S. 426.

[4] Ebenda, S. 427.

[5] Christoph August Tiedge schrieb 1808 zu dem ukrainischen Lied Es ritt ein Kosak über die Donau unter dem Titel Der Kosak und sein Mädchen eine freie Übertragung des Liedes. Dieser Titel fand Eingang in die meisten deutschen Volksliedersammlungen und in die Literatur.