Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 818

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nannten Rock des Königs steckt. Es ist unsere geschichtliche Aufgabe, den Kampf gegen die herrschende Gesellschaft zu führen. Wir müssen in diesem Kampfe zum Angriff übergehen!

Auf dem Militarismus beruht heute die Monarchie. Wir haben die Pflicht, die Losung der Republik in die Köpfe des deutschen Volkes zu pflanzen. Auf dem Militarismus beruht auch das preußische Dreiklassenwahlrecht, jenes Schandrecht, das das Land Preußen zum Hort der finstersten Reaktion macht. Im Kampf für ein besseres Wahlrecht müssen wir die schärfsten Mittel anwenden. Was mir in Frankfurt besonders schwarz angerechnet wurde, war die Propaganda für den Massenstreik in meiner Rede. Wir haben allen Anlaß, gerade die Idee des Massenstreiks zu propagieren und den Herrschenden zu zeigen, daß sie nicht umsonst zittern. Die Antwort, die wir den Herrschenden für all die Angriffe und Urteile gegen das kämpfende Proletariat geben müssen, soll das Wort des Kronprinzen an den Zaberner Obersten sein: Feste druff![1]

In diesem Kampf gibt es keinen Kompromiß, nur ein Siegen oder Unterliegen! Für uns gilt hier das Wort unseres großen Vorkämpfers Lassalle: „Dem Gegner die Faust aufs Auge und das Knie auf die Brust!“[2] (Minutenlanger, brausender Beifall.)

Genossin Luxemburg ergriff nun neuerdings das Wort: Wir sind ein Gedanke und eine Seele gegenüber dem, was in Frankfurt geschehen ist. Wir haben Grund, über den Prozeß zu frohlocken. Im kleinen spiegelt sich hier die Tragik des heutigen Staates. Ein kleiner winziger Feind wurde in Frankfurt zu Boden gestreckt, die Reaktio-

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[1] Unter der Überschrift Ein Telegramm des Kronprinzen veröffentlichte die Sozialdemokratische Partei-Correspondenz (Berlin), 9. Jg., Nr. 2 vom 24. Januar 1914, S. 26: „Da nunmehr feststeht, daß der Kronprinz die durch ein Pariser Blatt verursachte Meldung von einem Telegramme an den Obersten v. Reuter nicht dementieren ließ, soll auch die Version veröffentlicht werden, die uns von eingeweihter Seite mitgeteilt wurde. Danach hat der Kronprinz an den General v. Deimling, nicht an den Obersten v. Reuter, zwei Telegramme gerichtet. Das erste datiert schon vor den Ereignissen vom 28. November und lautet: ‚Immer feste drauf! Friedrich Wilhelm Kronprinz!‘“ Im November 1913 war es in Zabern (Unterelsaß) zu schweren Ausschreitungen des preußischen Militärs gegenüber den Einwohnern gekommen, die gegen die Beschimpfung der Elsässer durch einen Leutnant der Garnison protestiert hatten. Der Regimentskommandeur Oberst von Reuter ließ die Demonstrationen der Bevölkerung mit Waffengewalt auseinanderjagen und Verhaftungen vornehmen. Diese Vorgänge lösten in ganz Deutschland, selbst bei Teilen des Bürgertums, einen Entrüstungssturm gegen die Militärkamarilla aus, und der Deutsche Reichstag mißbilligte nach heftigen Debatten mit 293 gegen 54 Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen die Stellung der Regierung, die die Vorgänge zu bagatellisieren versuchte. Oberst von Reuter, gegen den vom 5. bis 8. Januar 1914 vor einem Kriegsgericht in Straßburg verhandelt wurde, wurde von aller Schuld freigesprochen und im Januar 1914 vom deutschen Kaiser demonstrativ mit einem Orden dekoriert. Das zweite Telegramm datierte vom 29. November und lautete: „Bravo! Friedrich Wilhelm, Kronprinz!“

[2] Das Zitat lautet: „Dann also kein Versöhnungsdusel, meine Herren. Sie haben jetzt hinreichende Erfahrungen gesammelt, um zu sehen, was der alte Absolutismus ist. Dann also kein neuer Kompromiß mit ihm, sondern: Den Daumen auf’s Auge und das Knie auf die Brust!“ Siehe Ferdinand Lassalle: Was nun? Zweiter Vortrag über Verfassungswesen. In: Ferd. Lassalle’s Reden und Schriften. Neue Gesammt-Ausgabe. Mit einer biographischen Einleitung hrsg. von Ed. Bernstein, London, Erster Band, Berlin 1892, S. 535.