Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 812

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und Staatsanwaltes spiegelt.[1] Als ob zwölf Monate Gefängnis ein Opfer wären für einen Menschen, der in der Brust die Gewißheit hat, für die ganze Menschheit zu kämpfen. Dieser Prozeß beleuchtet so richtig unseren ganzen Klassenstaat, hier stehen sich zwei Welten gegenüber, die wegen der vollständigen Unfähigkeit, unsere Psyche zu begreifen, nie überbrückt werden können. (Sehr richtig!)

Deshalb gibt es keinen Pardon, dieser Staat muß zum Teufel gejagt werden. (Lebhafter, lang andauernder Beifall.)

Man wollte ein Opfer treffen, aber was bedeutet die Lappalie von einem Jahr Gefängnis gegen jenes Löbtauer Schreckensurteil,[2] das jetzt sein zehnjähriges Jubiläum feiern kann? Gibt es nicht schon der Opfer massenhaft, sind die Tausende von Familien, die in Not und Elend leben, nicht auch ein Opfer des Klassenstaates?

Wir machen keine Rechnung über Opfer, denn es versteht sich, daß jede Erkenntnis mit Opfern verknüpft ist. Je mehr Opfer, um so mehr werden sich zu uns scharen. (Lebhafter Beifall.)

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[1] Rosa Luxemburg störte nicht, daß in Urteilen, Überwachungs- und Vernehmungsprotokollen oder anderen behördlichen Schreiben ihr Geburtsdatum mit 25. Dezember 1870 angegeben wurde. Mit diesem Geburtsdatum wurde sie im Strafregister des Reichs-Justizamtes geführt. Siehe SAPMO-BArch, NY 4002/78, Bl. 95. Der 25. Dezember 1870 steht auch in einem Zeugnis, das der Vater Eduard Luxemburg am 11. (23.) November 1897 abgab; er steht in einer amtlich beglaubigten Zeugenaussage aus Zamos´c´ in der Eheverkündung für Berlin vom 29. Januar 1898 und im Eheregister des Zivilstandskreises Basel Stadt. In späteren Untersuchungs- und Gerichtsakten taucht immer wieder dieses Geburtsdatum auf, nicht selten als Angabe zur Person von Rosa Luxemburg bestätigt. In der amtlichen Einwohnerkontrolle der Stadt Zürich dagegen wird 1871 angegeben. Siehe SAPMO-BArch, NY 4002/1, Bl. 2, 25, 36; NY4002/61, 62, 76–80. Rosa Luxemburg gab ihren Geburtstag 5. März 1871 im Februar/März 1897 im Curriculum vitae, ihrem Lebenslauf für das Promotionsverfahren an der Universität Zürich, an. Siehe Verena Stadler-Labhart: Rosa Luxemburg an der Universität Zürich 1889–1897, Zürich 1978, S. 25. Und sie feierte ihren Geburtstag immer am 5. März, Verwandte und Freunde gratulierten an diesem Tag, auch der Vater.

[2] Am 3. Februar 1899 waren vom Dresdener Schwurgerichtshof neun Bauarbeiter aus Löbtau bei Dresden zu insgesamt 61 Jahren Zuchthaus und Gefängnis verurteilt worden, weil sie dagegen protestiert hatten, daß auf einem Bau über die festgesetzte Arbeitszeit hinaus gearbeitet wurde. Hierbei war es zu Tätlichkeiten gekommen, nachdem der Bauleiter mit einem „blindgeladenen“ Revolver geschossen hatte.