terschätzt er ihre Macht und führt mit solcher Propaganda die Arbeiterklasse auf Abwege. (Lebhafte Zustimmung.) Erst muß die Macht der Organisation im Proletariat selbst emporwachsen. Die bürgerliche Revolution war ein Kampf von Besitzenden wider Besitzende, von ökonomisch Mächtigen wider ökonomisch Mächtige. Überdies zielte sie nur auf eine Gesellschaft von Individuen ab. Die Proletarier sind, ein jeder für sich, machtlos und stellen sich als Ziel eine Gesellschaft von Organisationen. Deshalb können sie den Sieg nicht erreichen, ehe nicht innerhalb des Proletariats die Organisationen ausgebaut sind. Die Desorganisation des Kapitalismus kann nicht erreicht werden ohne Organe. Wer die Desorganisation des Alten will, will aber deshalb doch nicht völlige Desorganisation. Er will die Organisation des Neuen. Der gewerkschaftliche Kampf, der politische Kampf, die Genossenschaften sind die Mittel dazu. Sie schaffen neue Organe innerhalb des alten Organismus, deren Wachstum den alten Körper zersprengen kann. Unterdes, wer kennt die Entwicklung der Zukunft so genau, daß er es wagen dürfte zu sagen: „Dies ist das Radikalmittel, und zwar das einzige Radikalmittel zur Erreichung des Sozialismus?“ Dies wagen die Syndikalisten, indem sie erklären: Die gewerkschaftliche Aktion ist genügend oder der Generalstreik und die Dienstverweigerung sind das einzige Mittel. Dabei lehrt doch ein Blick auf den Trust, daß eben da die Vernichtung der gewerkschaftlichen Aktion, also die Unmöglichkeit des Streiks liegen kann. Die Sozialdemokratie prophezeit nicht so utopistisch die Zukunft bis in Einzelheiten hinein. Aus dem Werdegang der Entwicklung selber sucht sie ihre Mittel hervor, ohne sie deshalb für ewig und einzig gültig zu erklären. (Zustimmung.) Die Sozialdemokratie verurteilt in gleichem Maße die Ansichten: Weder die Genossenschaft allein, noch die Gewerkschaftsaktion allein, noch die parlamentarische Aktion kann den Kapitalismus besiegen. Wir glauben nicht an eine Apotheose der Genossenschaften, des Massenstreiks oder der parlamentarischen Majorität. Wir erkennen zu deutlich, daß bei den Riesenkräften unseres Gegners es ihm möglich sein wird, unsere Waffen fortzunehmen oder zu vernichten. Deshalb bedienen wir uns jedes Mal derjenigen Mittel, die uns im gegebenen Falle als die zweckmäßigsten erscheinen. Wir sind bereit und rechnen auf die Möglichkeit, unsere jetzigen Waffen gegen andere vertauschen zu müssen. (Beifall.) In demjenigen Teile des „Kommunistischen Manifestes“, der den Titel führt: „Bourgeois und Proletarier“, schildert Marx die Entwicklung des Klassenkampfes: „Im Anfang kämpfen die einzelnen Arbeiter einer Fabrik, dann die Arbeiter eines Arbeitszweiges an einem Ort.“[1]
Seit jener Zeit hat der Kampf an Stärke und Umfang zugenommen. Die Unternehmerverbände und die Arbeiterverbände kämpfen auf dem Gebiet des ganzen Landes. Der Zusammenhang der Industrie mit dem Transportwesen veranlaßt gleichzeitige Streikausbrüche in verschiedenartigen Berufsgruppen. Schon wird hier und