Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 694

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Rußland sind nach wie vor der Art, daß der wahnsinnige Druck den Gegendruck auslöst, der sich in Attentaten äußert. Wie Balmaschkow, der den Minister Sipjagin niedergeschossen,[1] kann jetzt der Rechtsanwalt Bagrow, nach seinen Komplizen gefragt, antworten: „Meine Komplizen sind die Regierenden, der Zar an der Spitze! Man setze sie neben mich auf die Anklagebank.“

Ein andres ist es um die politische Bewertung der Tat. Stolypin hat die Kugel im Leibe, das System ist intakt! Die Verzweiflungstat eines einzelnen, die den einzelnen trifft, ändert nichts, sie hat nicht einmal den Effekt, andre Bluthunde abzuschrecken, wofür die Geschichte Rußlands seit drei Jahrzehnten genügende Beweise liefert. Die Befreiung des Proletariats kann nur das Werk des Proletariats selbst sein, und so wird es auch in Rußland werden.

Leipziger Volkszeitung,

Nr. 215 vom 16. September 1911.

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[1] Das Attentat des Studenten Stepan Balmaschkow auf den Innenminister Dmitri Sipjagin hatte sich am 15. April 1902 in St. Petersburg ereignet.