Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 619

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lehrt, unser Leben niedrig einzuschätzen, als die Unternehmer und Kapitalisten. Die Opfer von Sedan[1] sind Lappalien gegenüber den Opfern des Schlachtfeldes der Arbeit.

Der Kampf ums Wahlrecht ist nur eine Etappe auf dem Wege zum Sozialismus. Da machen wir kein Hehl draus. Das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht soll für uns ein Mittel zur Verwirklichung unseres Endziels sein. Aber nun gilt es, das Demonstrationsrecht, das wir uns erkämpft haben, tüchtig auszunutzen. Eine günstige Gelegenheit bietet sich bald wieder: Die Maifeier.

Wir können nicht sagen, wann wir die Herrschaft des Kapitalismus endgültig gebrochen haben werden. Aber größer als momentan war die Unzufriedenheit und die Erkenntnis der Fluchwürdigkeit des Systems und das Maß der Bedrückung niemals. Je tiefer diese Erkenntnis, desto näher sind wir unserm Ziele. Und in diese Zeit der Siegeszuversicht wagt man es, dem Volke seine elementarsten Staatsbürgerrechte vorzuenthalten. Da gilt es, immer wieder Sturm zu laufen. Früher oder später muß der Sieg unser sein. Für uns gibt es kein Zurück! Vorwärts zum Sieg, trotz alledem! (Stürm[ischer] Beifall.)

Freie Presse (Elberfeld-Barmen),

Nr. 89 vom 18. April 1910.

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[1] Die Schlacht bei Sedan dauerte vom 1. bis 2. September 1870. Die Zahl der Opfer betrug insgesamt über 6000 Tote und fast 20000 Verwundete. Die französischen Truppen wurden von der preußisch-deutschen Armee entscheidend geschlagen. Napoleon III. und rd. 83000 Mann seiner Armee begaben sich in Gefangenschaft. Danach wurde der Krieg deutscherseits zu einem Eroberungskrieg, in dem es um die Annexion Elsaß-Lothringens mit seinen reichen Erzvorkommen ging.