Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 1056

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Sträuben bereit erklärte, auch den Delegierten der deutschen Opposition Pässe zu erteilen.

Nicht ganz so einfach liegt die zweite Tatsache: der Beschluß der Unabhängigen Sozialdemokratie, Delegierte nach Stockholm zu entsenden. Wäre damit gesagt, daß sich diese Partei bereit erklärte, gemeinsam mit den deutschen Regierungssozialisten an einem Tische zu sitzen und mit ihnen an irgendeiner Kundgebung, sei es für die künstliche Wiederbelebung der Internationale, sei es für die Herbeiführung des Weltfriedens gemeinsam zu arbeiten, so würde es – aus den Gründen, die wir in der vorigen Nummer bereits entwickelt haben[1] – aufs härteste zu verurteilen sein und tatsächlich darauf hinauslaufen, daß sich die Unabhängige Sozialdemokratie von vornherein selbst den Hals abschnitte. So aber kann es nicht gemeint sein und so ist es unseres Erachtens auch nicht gemeint.

Wir nehmen an, daß die fünf Delegierten das gebundene Mandat haben, sich unter keinen Umständen in irgendwelche Machenschaften mit den Scheidemännern und Konsorten einzulassen. Ihre wirkliche Aufgabe kann nur sein, mit den prinzipientreuen Parteien und Faktionen der internationalen Sozialdemokratie, die sich in Stockholm vertreten lassen, sich zu verständigen, d. h. um die Sache möglichst klar und unzweideutig auszudrücken, einen tüchtigen Schritt weiter auf dem Wege zu tun, der in Zimmerwald[2] und Kiental[3] beschritten worden ist. Unter dieser Voraussetzung ist die Entsendung einer Delegation nach Stockholm nicht nur zu rechtfertigen, sondern sie ist eine unbedingte Notwendigkeit.

Wenn wir gleichwohl nicht ganz ohne Bedenken sind, so werden diese Bedenken dadurch veranlaßt, daß uns die persönliche Zusammensetzung der Delegation nicht

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[1] Siehe S. 1052 ff.

[2] Siehe S. 946, Fußnote 4.

[3] Die zweite Internationale Sozialistische Konferenz war vom 24. bis 30. April 1916 in Kiental (Schweiz) durchgeführt worden. 43 Delegierte aus Deutschland, England, Frankreich, Italien, Polen, Portugal, Rußland, der Schweiz und Serbien nahmen teil. Die deutschen Linken waren durch Ernst Meyer und Berta Thalheimer von der Spartakusgruppe und durch Paul Frölich von den Linksradikalen in Bremen, die Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft durch Hermann Fleißner und Adolph Hoffmann vertreten. Auf der Tagesordnung standen: Kampf für die Beendigung des Krieges; Stellung des Proletariats zum Frieden, zur parlamentarischen Tätigkeit und zum Massenkampf; Einberufung des ISB u. a. Die Zimmerwalder Linke zählte auf dieser Konferenz zwölf Personen (in Zimmerwald acht) und vereinigte in einigen Fragen 19 Stimmen auf ihre Vorschläge. Die wichtigsten Leitsätze der Bolschewiki – Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg, Eintreten für die Niederlage der „eigenen“ Regierung und Organisierung einer dritten Internationale – wurden wiederum nicht akzeptiert. Es wurde aber eine Resolution angenommen, in der Kritik am Sozialpazifismus und am ISB geübt wurde. Im Manifest der Konferenz wurde die Eroberung der politischen Macht und die Abschaffung des kapitalistischen Eigentums durch die arbeitenden Klassen als das einzig wirksame Mittel bezeichnet, Kriege künftig zu verhindern. Die Linksradikalen Bremens schlossen sich der Zimmerwalder Linken an. Die Delegierten der Spartakusgruppe ließen es nicht zum Bruch mit den Vertreten der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft kommen, stimmten aber in wichtigen Fragen mit den Zimmerwalder Linken. Rosa Luxemburg empörte sich weiterhin über die „Advokatenauffassung der Weltgeschichte“ von Hugo Haase und dessen Mitstreitern. Siehe GB, Bd. 5, S. 121 f.