Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 1044

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-7-2/seite/1044

Aktionskomitees gehört keiner, und von den sieben Mitgliedern des Beirats nur einer (Schnellbacher-Hanau) der Gruppe „Internationale“ an.

Indessen – das ist kein Unglück. Im Gegenteil! Der Gruppe „Internationale“ wird dadurch die besondere Aufgabe nur erleichtert, die ihr in der neuen Gemeinschaft zufällt, nämlich die Aufgabe einer vorwärtsdrängenden und treibenden Kritik. Wenn die Vertreter der Arbeitsgemeinschaft in Gotha darüber geklagt haben, daß diese Kritik bisher in gar zu verletzender Form geübt worden sei, so wollen wir darüber nicht lange streiten. Es ist herüber- und hinübergeschossen worden, und noch in Gotha selbst hat der brave Eisner, als würdige Ergänzung einer von ihm beantragten Mogelei mit den Scheidemännern, ganz wie Gracchus vorhergesagt hat, gegen die Gruppe „Internationale“ dieselben Bekämpfungsmethoden angewandt, die von den Scheidemännern gegen die Arbeitsgemeinschaft angewandt werden. Er nannte unsere Politik ein Verbrechen, das in die Hände Bethmann Hollwegs spiele und faselte mit ähnlichen Verdächtigungen noch eine ganze Strecke ins Feld hinein zum Beweise dafür, daß er immer noch in dem „ästhetisch-ethischen“ Irrgarten herumjammert, worin sein nunmehriger Freund und Gesinnungsgenosse Kautsky ihn ehedem entdeckt hat.[1]

Doch dies beiläufig. Über den „Ton“ unserer Kritik sollen die Genossen von der Arbeitsgemeinschaft sich gewiß nicht mehr zu beschweren haben, wenn wir in gemeinsamen Reihen kämpfen, und wir gönnen ihnen auch gern die roten Hosenstreifen der Stabsoffiziere. Aber von unseren Prinzipien geben wir keinen Deut auf und verzichten auch keineswegs auf die geistige Führung der Opposition, die wir bisher behauptet haben. Es waren Mitglieder unserer Gruppe, die sich zuerst gegen die Scheidemännerei erhoben haben, und es sind just in diesen Tagen zwei Jahre her, seit sich die Gruppe „Internationale“ um die gleichnamige, von Luxemburg und Mehring herausgegebene Zeitschrift zu kristallisieren begann.[2] Wir wollen niemanden kränken und deshalb nicht weiter darauf eingehen, mit welcher sittlichen Entrüstung sehr namhafte Vertreter der Arbeitsgemeinschaft damals über die Herausgeber und Mitarbeiter der genannten Zeitschrift als „Parteiverderber“ usw. gescholten haben; wir freuen uns vielmehr aufrichtig darüber, daß diese Genossen heute wohlwollender und wie wir hoffen, richtiger über unsere bescheidene Tätigkeit denken. Allein wir erinnern daran, um zu erhärten, daß uns solche Erfolge unmöglich veranlassen können, von dem Wege abzuirren, den wir seit dem 4. August 1914 gegangen sind.[3]

Nächste Seite »



[1] Siehe Protokoll über die Verhandlungen des Gründungs-Parteitages der U.S.P.D. vom 6. bis 8. April 1917 in Gotha. Mit Anhang: Bericht über die Gemeinsame Konferenz der Arbeitsgemeinschaft mit der Spartakusgruppe vom 7. Januar 1917 in Berlin. Hrsg. von Emil Eichhorn, Berlin 1921, S. 25 f.

[2] Siehe S. 1033, Fußnote 6.

[3] Siehe S. 992, Fußnote 3. – Noch am Abend des 4. August 1914 kamen Rosa Luxemburg, Hermann Duncker, Hugo Eberlein, Julian Marchlewski, Franz Mehring, Ernst Meyer und Wilhelm Pieck zusammen. Auf die am folgenden Tag an bekannte Linke in Berlin und ganz Deutschland versandten 300 Telegramme mit der Bitte um Zustimmung zu einem gemeinsamen Protest gegen die Kriegskreditbewilligung traf nur von Clara Zetkin eine Antwort, aber auch von ihr keine Zusage ein.