Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 946

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fen. – Alte existiert nicht mehr! Phantom! Behauptung Schwindel! Wollen neue! Jetzt schon Massen

G.[sic!]

aufrütteln zum Kampf, das ist die Internationale! Zimmerwald noch verschwom[men].[1] Auch Ledebour dabei, auch Italien! Alle wünsch[en] das Gute, wollen alle international sein! Aber vor der Tat zurückschrecken!

Zeigen, daß wir leben: Begrüßung für [Den] Haager Konferenz,[2] zeigen, was von Zimmerwald denkt!

Handschriftliche Notizen, Kopie,

RGASPI, Moskau, Fonds 306.

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[1] In Zimmerwald (Schweiz) hatte vom 5. bis 8. September 1915 die erste Internationale Sozialistische Konferenz der oppositionellen Antikriegskräfte stattgefunden. Von den 38 Delegierten aus zwölf Ländern kamen zehn Teilnehmer aus Deutschland. Davon vertraten u. a. Berta Thalheimer und Ernst Meyer die Gruppe „Internationale“ und Georg Ledebour sowie Adolph Hoffmann die gemäßigte Opposition. Unter Einfluß W. I. Lenins und der Bolschewiki schlossen sich revolutionäre Marxisten zur Zimmerwalder Linken zusammen. Der von Lenin verfaßte Entwurf einer Prinzipienerklärung zur vollständigen Abgrenzung vom Opportunismus und zur revolutionären Beendigung des Krieges wurde abgelehnt. Einstimmig angenommen wurde ein Manifest gegen den Krieg. Rosa Luxemburg schrieb an Clara Zetkin am 18. Oktober 1915 gegen die „überschwenglich lobpreisende Beleuchtung des Zimmerwalder Rummels“. „Diese zerquetschte Schwergeburt, die, wie die Franzosen sagen, n’a ni tête ni queue [weder Kopf noch Schwanz] hat (namentlich einen Kopf!) und die unter der Ägide des großen Ledebour in die Welt tritt, mit der Versicherung, niemandem weh tun zu wollen – sie konnte uns wirklich gestohlen bleiben.“ Siehe GB, Bd. 5, S. 81 f.

[2] Gemeint sein dürfte die von Camille Huysmans im April 1916 initierte Konferenz mit dem Ziel eines gerechten Friedens auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechts. Teilnehmer der Konferenz vom 31. Juli bis 2. August 1916 waren nur Sozialdemokraten einiger neutraler Länder. Anwesend waren Vertreter aus Argentinien, Dänemark, den Niederlanden, Schweden, Spanien und den USA. Die Delegierten aus Norwegen und der Schweiz waren wegen Paßschwierigkeiten am Erscheinen verhindert. Aus Rumänien kam die Absage wegen der drohenden Kriegsgefahr. Die Konferenz stimmte Resolutionen der politischen Kommission sowie der ökonomischen Kommission zu. In einer Erklärung der Niederländischen Gewerkschaftszentrale wurde bedauert, daß die Gewerkschaftszentralen der anderen neutralen Länder nicht ermöglichen konnten, zusammen mit den Delegierten der sozialistischen Parteien auch ihre Vertreter zur Konferenz zu entsenden.

In der Resolution der politischen Kommission wurde festgestellt: „Die Konferenz erklärt, daß für den Weltkrieg in erster Instanz das ökonomische und politische System des Kapitalismus verantwortlich ist, auf dessen Boden der Imperialismus und der damit verknüpfte Militarismus sich entwickelt hat. Hieraus folgert die Konferenz die Notwendigkeit für das sozialistische Proletariat, seinen Kampf wider den Kapitalismus und für die Eroberung der politischen Macht mit erhöhter Anstrengung zu führen. Der Kampf gegen den Absolutismus und für die verfassungsmäßige Anerkennung der Souveränität des Volkes in den noch nicht parlamentarisch regierten Ländern ist dazu unerläßlich und wird die Möglichkeit einmütigen internationalen Auftretens des Proletariats aller Ländern nur fördern können.“ Eingetreten wurde für baldige Friedensverhandlungen. Die Forderungen des Internationalen Sozialistischen Kongresses von Kopenhagen 1910 seien die Grundlage eines sozialistischen Friedensprogramms. „Die Hauptforderungen dieses Programms sind obligatorische Schiedsgerichte im Rahmen einer internationalen Rechtsordnung, allgemeine Verminderung der Rüstungen, Abschaffung der geheimen Diplomatie, parlamentarische Kontrolle über die auswärtige Politik und Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der Völker.“ Bezüglich der nationalen Fragen betrachtete die Konferenz die Wiederherstellung Belgiens als selbständigen Staat sowie die Wiederherstellung Serbiens als besonders wichtig. Sie trat für ein autonomes Polen und überhaupt für die Autonomie der Nationen ein, und zwar auf dem „Boden einer demokratisch dezentralisierenden [sic!] Staatsverfassung, welche den Kulturbedürfnissen der Nationen vollständig Rechnung trägt“. Siehe Von der Konferenz der neutralen Sozialisten im Haag. In: Sozialdemokratische Partei-Korrespondenz (Berlin), 11. Jg., Nr. 29 vom 12. August 1916, S. 425 f.