Geschichte
4. 5. 1898 Einführung der Öffentlichkeit der Militärgerichte
1. 12. 1903 Ordre des Kaisers gegen die Öffentlichkeit (nach dem Bilse- u. Breidenbach-Prozeß)[1]
Erlaß des bayer[ischen] Kriegsmin[isters] 12. 3. 1888 Nr. 4703 (erw[eitert] im Erlaß 13. 12. 1891)[2]
Bebel 5. 3. 1895. S. 1256–5739[3]
„Ganz grobe Mißh[andlungen] haben abgenommen“ 1895 !! Bebel u. Ittenbach[4]
[1] Bilse-Prozeß – Gemeint ist das Kriegsgerichtsverfahren gegen den Leutnant Fritz Oswald Bilse November 1903 in Metz. Es wurde gegen ihn angestrengt, weil er in dem militärkritischen Roman Aus einer kleinen Garnison die moralische Versumpfung des Offizierskorps dargestellt hatte. Er erhielt sechs Monate Gefängnis. Die Militärrichter wurden gemaßregelt, weil sie den Prozeß, der zu einer scharfen Anklage gegen den preußisch-deutschen Militarismus wurde, nicht unter Ausschluß der Öffentlichkeit geführt hatten. In einer geheimen Ordre von Wilhelm II., die im Vorwärts (Berlin), Nr. 141 vom 4. August 1904, veröffentlicht wurde, sprach Wilhelm II. den Militärrichtern sein Befremden und Mißtrauen aus, daß sie „entgegen dem wiederholten Antrag des Vertreters der Anklage von dem Ausschluß der Öffentlichkeit in einem Umfang Abstand genommen haben, der nicht verfehlen konnte … das Ansehen Meiner Armee und im besonderen des Offizierskorps in weiten Kreisen des In- und Auslandes zu beeinträchtigen. Ich spreche den Mitgliedern des Kriegsgerichtes mein ernstes Mißfallen aus, daß sie meiner in der Verordnung vom 28. Dezember 1899 zum Ausdruck gebrachten Willensäußerung direkt zuwidergehandelt, und es nicht verstanden haben, die Interessen ihres Standes zu wahren.“ Siehe Bestrafte Richter. In: Volksstimme (Magdeburg), Nr. 189 vom 6. August 1904. – Siehe auch Karl Liebknecht: Militarismus und Antimilitarismus unter besonderer Berücksichtigung der internationalen Jugendbewegung. In: Ders.: Ausgewählte Reden und Schriften, Bd. 1, 2. Aufl. Berlin 1983, S. 285.
Beim Breidenbach-Prozeß handelt es sich um den Prozeß gegen den Unteroffizier Breidenbach vom 4. Garderegiment zu Fuß wegen 300 schwerer und 1 200 minderschwerer Soldatenmißhandlungen vor dem Berliner Oberkriegsgericht im September 1903. Breidenbach wurde am 19. September 1903 zu acht Jahren Gefängnis und Degradierung verurteilt. Siehe Berliner Tageblatt, Nr. 477, 478 und 480 vom 19., 20. und 21. September 1903 sowie Volksstimme (Magdeburg), Nr. 221 vom 22. September 1903. Siehe Gerichtsbericht. In: Rudolf Krafft: Die Opfer der Kaserne. Eine Anklageschrift nebst einer Sammlung militärgerichtlicher Urteile, München 1904, S. 90 ff.
[2] Gemeint sind die Erlasse der bayerischen Kriegsminister Adolf von Heinleth 1888 und Ritter von Safferling 1891 zur Öffentlichkeit der Militärgerichtsbarkeit in der bayerischen Armee. Siehe die Soldatenmißhandlungen vor dem Bayerischen Landtag. Reden der Abg. v. Vollmar und Grillenberger und des Kriegsministers Frh. v. Asch in den Sitzungen der Abgeordnetenkammer vom 7. und 9. Oktober 1893. (Nach dem amtlichen stenographischen Bericht.), Nürnberg 1893, S. 4.
[3] Siehe Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags. IX. Legislaturperiode. III. Session 1894/95. Zweiter Band, Berlin 1895, S. 1256–1257.
[4] Siehe ebenda, S. 1257 und S. 1269. – Max Ittenbach war Chef der preußischen Militärjustizverwaltung und Kommissar des Bundesrats. Bebel habe anerkannt, „daß allerdings in qualitativer Beziehung die Mißhandlungen abnehmen, wenn auch die einzelnen Mißhandlungsfälle noch immer in erheblicher Zahl vorkommen. Nun, meine Herren, ich sollte glauben, das ist schon ein erheblicher Fortschritt, wenn diese Soldatenmißhandlungen in qualitativer Beziehung abnehmen, wenn grobe Mißhandlungen seltener vorkommen.“ Siehe ebenda, S. 1270.