Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 852

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denzen der imperialistischen Entwicklung zu verbreiten. Dazu müsse zuerst und vor allen Dingen die Aktionsfähigkeit der Masse gesteigert werden. Sie müsse auf sich selbst und auf ihre eigene Entschlossenheit rechnen, aus ihrer eigenen Mitte heraus zu Aktionen greifen und nicht von einer Handvoll Vertretern in den Parlamenten und ihrer sonstigen Führer alles Heil erwarten. In den Organisationen der Gewerkschaften und der Partei müsse der Bürokratismus in der Verwaltung bekämpft werden und der Demokratie Platz machen. Auch der Geist der Selbstkritik müsse mehr gefördert werden. Nicht wie der „Vorwärts“, unser Zentralorgan, sollen wir urteilen, nicht im Sinne seiner immer strahlenden Zufriedenheit mit dem, was die Partei macht und was sie nicht macht. Wir sollten unsere Schwächen und Fehler beleuchten, wir hätten keinen Grund, uns ihrer zu schämen. Grund, uns zu schämen, haben wir nur, wenn wir aus den Fehlern nichts lernen. Wir sind stark genug, jede Kritik zu ertragen. Darum sollen wir nicht die Kritiker niederstimmen, sondern uns über jede ehrliche Kritik freuen. Namentlich ist eine solche dringend nötig, um unsere Kampfesweise gegen Militarismus und Imperialismus zu prüfen und zu verschärfen.

Es wurde nach dem Vortrag beschlossen, bei der am 14. Juni stattfindenden Verbandsgeneralversammlung von Groß-Berlin[1] zu beantragen, den Punkt Imperialismus auf die Tagesordnung zu setzen im Hinblick darauf, daß diese Frage auch auf dem Internationalen Kongreß in Wien[2] behandelt wird.

Leipziger Volkszeitung,

Nr. 117 vom 25. Mai 1914.

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[1] Siehe Rosa Luxemburgs Rede auf dieser Generalversammlung am 14. Juni 1914. In: GW, Bd. 3, S. 464 ff.

[2] In Wien sollte vom 23. bis 29. August 1914 der 10. Internationale Sozialistenkongreß stattfinden. Dessen 3. Kommission sah das Thema Imperialismus und Schiedsgericht vor. Referent sollte Hugo Haase sein. Nach Ausbruch des Krieges zwischen Österreich-Ungarn und Serbien beschloß das ISB in seiner Sitzung vom 29./30. Juli 1914, den Kongreß auf den 9. August vorzuverlegen und nach Paris einzuberufen. Infolge des Beginns des Ersten Weltkrieges fand der Kongreß nicht statt. Siehe Georges Haupt: Der Kongreß fand nicht statt. Die Sozialistische Internationale 1914, Wien/Frankfurt/Zürich 1967, S. 256 ff.