Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 793

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muß gesagt werden, so schloß die Rednerin unter tosendem Beifall ihre temperamentvollen Ausführungen, sind bereit zu großem Dienst.[1]

Volksstimme (Frankfurt am Main),

Nr. 227 vom 27. September 1913.

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[1] Über die fehlende polizeiliche Überwachung der Versammlung und die Einschätzung der Äußerungen von Rosa Luxemburg gerieten der preußische Innenminister, der Wiesbadener Regierungspräsident und der Polizeipräsident von Frankfurt/Main in Aufregung und in Streit über die Verantwortung. Nachdem in der Frankfurter Zeitung, Nr. 268 vom 27. September 1913, in der Frankfurter Warte, Nr. 227 vom 27. September 1913 unter der Überschrift Das Endziel Rosa Luxemburgs, und ebenda, Nr. 228 vom 29. September 1913 mit dem Titel Die Aufforderung zum Hochverrat Berichte über die Versammlung erschienen waren, publizierte das Berliner Tageblatt am 24. Oktober 1913 folgende Meldung: „Wie die sozialdemokratische ‚Frankfurter Volksstimme‘ mitteilt, ist ein Strafverfahren gegen Rosa Luxemburg von der Frankfurter Staatsanwaltschaft eingeleitet worden. In einer Versammlung am 26. September soll die Beschuldigte zum Ungehorsam gegen die Gesetze aufgefordert haben.“ Daraufhin interessierte sich der Innenminister mit Schreiben vom 15. November 1913 für den polizeilichen Überwachungsbericht und eine Äußerung des Überwachungsbeamten der Versammlung am 26. September 1913. Diese konnten nicht beigebracht werden. Im Schreiben vom 25. November 1913 informierte der Frankfurter Polizeipräsident den Regierungspräsidenten in Wiesbaden wie folgt: „Das zuständige Polizei-Revier und die Abteilung der politischen Polizei waren in Bereitschaft. Eine polizeiliche Überwachung der Versammlung war jedoch nicht angeordnet, zumal nach Lage der besonderen Frankfurter Verhältnisse es sich auch empfiehlt, zur Zeit von dem Rechte der polizeilichen Überwachung politischer Versammlungen nicht zu häufig Gebrauch zu machen. Rosa Luxemburg gilt überdies bei der Mehrheit der hiesigen Anhänger der Sozialdemokratie als eine keineswegs immer ernst zu nehmende Führerin. Wenn man damals ihrem blutrünstigen Geschwätz eine besondere Bedeutung hätte beilegen wollen, so wäre ein größeres Lokal in der Mitte der Stadt, nicht wie geschehen in einer ganz abgelegenen Vorortgegend gewählt worden. Derartige Volksversammlungen in Anwesenheit der Rosa Luxemburg entbehren nach den hier und anderwärts gemachten Erfahrungen meist nicht eines heiteren Untertons, der sich bemerkbar macht, sobald diese Person in dem Lokale erscheint. Von diesen Erwägungen ausgehend, ließ ich den Verlauf der Versammlung lediglich durch eine zuverlässige Person unauffällig beobachten.“ Das rechtliche Unbehagen verließ den preußischen Innenminister auch noch nach dem Prozeß gegen Rosa Luxemburg am 20. Februar 1914 nicht, zumal es mit der Absicht der herrschenden Kreise des Kaiserreichs kollidierte, Rosa Luxemburgs Wirkungsmöglichkeiten massiv einzuschränken. Er blieb der Ansicht, wie er am 4. März 1914 schrieb, „daß die Frankfurter Polizeibehörde die Wirkung, welche die Luxemburg mit ihren Reden auf die Versammlungsbesucher auszuüben pflegt, nicht genügend Rechnung“ getragen hat. „Ihre leidenschaftlichen Reden machen auf die Zuhörerschaft regelmäßig einen starken Eindruck, und dieser Umstand im Verein mit der Erwägung, daß die Genannte als Vertreterin der radikalsten Anschauungen der Sozialdemokratie bekannt ist“, hätten der offiziellen polizeilichen Überwachung bedurft, damit sich das Strafverfahren nicht vorwiegend auf die Mitteilungen des privaten Berichterstatters Henrici stützen mußte, wogegen die sozialdemokratische Presse berechtigt polemisierte. Siehe RGASPI, Moskau, Fonds 191, Nr. 628, Bl. 22, 22R, 23, 25, 32 und 33.