Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 765

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-7-2/seite/765

Es sei sogar ein Vergehen gegen das Proletariat, wenn dasselbe nicht dahin aufgeklärt werde, daß die Kapitalisten doch wieder das Geld aus dem Volke herauszuholen versuchen. Wir hätten keinen Grund, den Massen zu sagen, daß eine neue Ära in der Steuerpolitik beginne. Den Liberalen zuliebe habe die Fraktion dafür gestimmt, daß Militär- und Deckungsvorlage getrennt behandelt wurden. Es sei ja geradezu eine Satire zu unseren Forderungen. Zu der Frage des Massenstreiks sei zu betonen, daß wir uns nicht nur auf die organisierten Genossen verlassen dürfen. Beim Massenstreik werde die große Masse mitgerissen. Das beste Beispiel habe uns Belgien geliefert.[1] Nach den Berichten haben an dem letzten Streik 450000 Arbeiter teilgenommen, obwohl nur 185000 Organisierte vorhanden waren. Rednerin schloß mit der Mahnung, für genügende Aufklärung zu sorgen und Männer zu erziehen, die nicht nur das Mitgliedsbuch in der Tasche, sondern auch das Herz auf dem rechten Fleck haben.

Vorwärts (Berlin),

Nr. 211 vom 17. August 1913.

Nächste Seite »



[1] Am 14. April 1913 hatte in Belgien ein politischer Massenstreik für das allgemeine Wahlrecht begonnen, der seit Juni 1912 durch ein spezielles Komitee organisatorisch, finanziell und ideologisch im ganzen Lande sorgfältig vorbereitet worden war. An dem Streik beteiligten sich etwa 450000 Arbeiter. Am 24. April 1913 beschloß der Parteitag der Belgischen Arbeiterpartei den Abbruch des Streiks, nachdem sich das belgische Parlament dafür ausgesprochen hatte, die Reform des Wahlrechts in einer Kommission erörtern zu lassen.