Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 7.2, 1. Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2017, S. 1099

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Der Brester Frieden verwandelte den Ausbruch der russ[ischen] Revol[ution] in

Das völlige polit[ische] Versagen des intern[ationalen] u. namentlich des deutschen Prol[etariats], das völlige milit[ärische] Versagen des russ[ischen] Prolet[ariats] andererseits hat den Ausbruch der russ[ischen] Revol[ution] in eine unerhörte verhoffte größte Glückschance für den d[eutschen] Imp[erialismus] verwandelt. Die Kapitulation von Brest Lit[owsk][1] begann den Siegeslauf des d[eutschen] Imp[erialismus], d. h. ermöglichte sicherte ihm die absolute Herrschaft über Mittel- u. Osteuropa

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u. gab ihm die Möglichkeit, seine die inneren Tendenzen u. Aussichten seiner Weltherrschaft zur in vollem Umfange zu entfalten.

Das Verhalten des deutschen Prol[etariats], der deutschen Sozd[emokratie] ermöglichte den ungehemmten Durchbruch dieser Tendenzen im Innern in den brutalsten kentaurischen, lapidarsten, heroischsten Formen.

Wenn es nicht zu dieser Weltherrschaft gekommen, ja wenn die Pläne dieser Weltherrschaft heute endgültig zusammengebrochen u. begraben sind, so ist es nicht die Schuld des deutschen Prol[etariats] u. der russ[ischen] Revol[ution]. Es geschah trotz dem Versagen des russ[ischen] Prol[etariats] im Kampfe gegen den deutschen Imp[erialismus], wie es trotz dem Versagen des deutschen u. des intern[ationalen] Prolet[ariats] in diesem Kampfe geschah. Der Trium volle Sieg, die Diktatur des deutschen Imp[erialismus] über Rußland u. seine die in greifbare Nähe gerückte Aussicht seiner

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[1] Entsprechend dem vom II. Gesamtrussischen Sowjetkongreß am 8. November 1917 beschlossenen Dekret über den Frieden, in dem allen kriegführenden Staaten Verhandlungen über einen gerechten und demokratischen Frieden und als Voraussetzung dafür der sofortige Abschluß eines Waffenstillstandes vorgeschlagen worden war, begannen am 3. Dezember 1917 in Brest-Litowsk Verhandlungen mit dem deutschen Oberkommando, nachdem die Regierungen der Westmächte Verhandlungen abgelehnt hatten. Die deutsche Regierung verfolgte das Ziel, einen Separatfrieden zu schließen, den Raub von Gebieten im Osten zu sichern und die Hand frei zu bekommen für verstärkte Kriegsanstrengungen an der Westfront. Die aufbegehrenden Volksmassen in Deutschland sollten durch die scheinbare Friedensbereitschaft der Regierung getäuscht werden.

Am 15. Dezember 1917 wurde der Waffenstillstandsvertrag unterzeichnet und die Aufnahme von Friedensverhandlungen für den 22. Dezember 1917 vereinbart. Durch den dann am 3. März 1918 unterzeichneten Raubfrieden von Brest-Litowsk verlor Sowjetrußland ein Territorium von ca. einer Mill. km². Die Sowjetregierung war im Interesse der Revolution gezwungen, einem solchen Frieden zuzustimmen, um den Völkern Rußlands eine friedliche Atempause zur Festigung der Sowjetmacht und zum Aufbau einer Armee zu schaffen, die in der Lage sein würde, das Land gegen die innere Konterrevolution und die imperialistischen Interventen zu schützen.

Der deutsch-russische Ergänzungsvertrag vom 27. August 1918 legte fest, daß Deutschland nach Bestimmung der Ostgrenzen Estlands und Livlands das von ihm besetzte Gebiet östlich davon zu räumen hatte. Das Gebiet östlich der Beresina wollte Deutschland in dem Maße räumen, wie Sowjetrußland seinen im Finanzabkommen festgelegten Zahlungen nachkam. Sowjetrußland verzichtete auf die Staatshoheit über Estland, Livland und Georgien.

Im deutsch-russischen Finanzabkommen vom 27. August 1918 wurde Sowjetrußland verpflichtet, sechs Mrd. M an Deutschland zu zahlen.