Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 575

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schafft, ungeachtet ihres besonderen geistigen Inhalts, ein reineres, tieferes echteres Glück, als der begreifen kann, der solches Glück nicht kennt. (!) In diesem Sinne (!) sind Schillers Werke dazu bestimmt, das geistige Gemeingut des ganzen Volkes zu sein, ohne Rücksicht auf Stand, Klasse und Parteiung. Soweit es sich um ihren abstrakten Schönheitswert (!) handele, steht ihnen der am nächsten, der die größte Genußfähigkeit besitzt, sowie nicht der die größte Freude an Homer hat, der an griechische Götter glaubt, sondern vielmehr jener, der die beste Kenntnis der griechischen Sprache mit der stärksten Vorstellungskraft verbindet. (!) Schiller hat Dramen und Gedichte geschrieben, die einfach schön sind (!), so daß die Freude an ihnen auch nicht beeinträchtigt werden kann, wenn man mit den Gedanken, die in ihnen ausgedrückt sind, etwa gar nicht einverstanden sein sollte. Schiller, so lautet die marktgängige literarische Phrase, hat ‚uns‘ das deutsche Drama gegeben, er hat das deutsche Theater belebt, das sich ohne seine Werke heute nicht mehr denken ließe. Aber wem gehört das deutsche Theater? Etwa ‚uns‘? (!!) Und wenn Schillers Dramen zeitweilig stark von der Bühne verdrängt wurden, um plattem Alltagstand Platz zu machen – war es der Geschmack des deutschen ‚Volkes‘, der sie von da verdrängte? Allüberall, in den größeren Städten, in denen die breiten arbeitenden Massen auf irgendwelche Weise dazu kamen, einigen Einfluß auf den Spielplan der Schaubühne auszuüben, vollzog sich auch die Einsetzung Schillers in seine Rechte. Denn diese Massen empfanden die allbezwingende Macht des Gesanges (!!), fühlten die Schönheit der großen Dichtung. Mit allen großen Dichtern hat Schiller das gemein, daß er keine übertriebenen Ansprüche are die gelehrte Bildung seiner Hörer stellt. (!) Wenn früher gesagt worden ist, das deutsche Volk habe keine Dichter, so muß hinzugefügt werden: es könnte seine großen Dichter haben, ohne ein Volk von Professoren werden zu müssen. (!!) Es braucht dazu nur ein wenig Muße, ein wenig Sorglosigkeit, ein wenig Zeit und ein wenig Geld (!!) ...

Die große geistige Tat aber, die das achtzehnte Jahrhundert vollbrachte, war die Entthronung der Gottheit und die Inthronisation des Menschen (!!) Was immer man von der Wiedereinsetzung des Gottesbegriffes durch Kants Kritik der reinen Vernunft (!!) halten mag – soviel ist gewiß, daß dieser neugeschaffene Gott nichts mehr mit jenem der positiven Religion gemein hat. Die Kritik der reinen Vernunft hat zwischen alter und neuer Zeit in revolutionärer Weise jedes Bindeglied zerrissen. Gott hat nicht den Philosophen geschaffen, sondern der Philosoph Gott. Die Religion erschien kulturhistorisch als ein Hebel des menschlichen Fort-

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