Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 563

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Sozialdemokratie der sich aus ihnen ergebenden Doppelaufgabe gerecht werden.

Die gegenwärtige Revolution hat nämlich vom Gesichtspunkt der Arbeiterklasse – das muß noch einmal wiederholt werden – eine Doppelaufgabe. Die eine ist der Sturz des Absolutismus, das rein politische, greifbare, auf den gegebenen Moment des Kampfes berechnete Ziel. Die zweite ist die Organisierung der Arbeiterklasse zu einer bewußten Arbeiterpartei für den offenen Kampf mit der Bourgeoisie am folgenden Tag nach dem Sturz des Absolutismus, ein grundsätzliches und ständiges Ziel, das sich aus unseren Aufgaben als sozialistische Partei ergibt. Diese beiden Aufgaben voneinander trennen und den Arbeitern sagen: Jetzt konzentriert die ganzen Kräfte nur auf die Eroberung der politischen Freiheit, und den Kampf mit der Bourgeoisie verschiebt auf morgen, denn er bedeutet einen Kräfteverlust und schreckt die mit uns sympathisierende Gesellschaft von unserem Kampf gegen die Regierung ab – das können nur die Nationalisten verschiedener Schattierungen sagen, die die Arbeiter für ein Instrument zur Verwirklichung ihrer politischen Ziele halten. Für die Sozialdemokratie sind im Gegenteil die politischen Freiheiten, um die wir kämpfen, nur ein Instrument zum Klassenkampf des Proletariats. Und darum sind in der gegenwärtigen Revolution bei uns wie auch in Rußland, wie in jedem Augenblick und in allen Ländern, die endgültigen Ziele der Sozialdemokratie, die sozialistischen Ziele, mit den Tageszielen, der politische mit dem ökonomischen Kampf, der Kampf gegen den Absolutismus mit.dem Kampf gegen die Bourgeoisie untrennbar verbunden.

II

Von demselben Gesichtspunkt aus wird auch das zweite Problem gelöst, das die Revolution gestellt hat: Was ist zu tun in Anbetracht solcher Zusammenstöße der Masse mit dem Militär wie der am 1. Mai und in Anbetracht der Stimmung, die ein solcher Zusammenstoß in der Masse hervorruft?

Die Maidemonstration der Sozialdemokratie war ganz friedlich. Die Arbeitermasse ging auf die Straße, nicht um mit dem Militär eine Schlacht zu schlagen, sondern nur, um ihre Bestrebungen zu manifestieren. Die Sozialdemokratie hat die Bevölkerung nicht entflammt und nicht rasend gemacht durch irgendwelchen Lärm über die „Bewaffnung“ und hat weder die Polizei noch das Militär durch irgendwelche terroristischen Auswüchse

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