Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 369

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Karl Marx

[1]

„Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“

11. These Marx’ über Feuerbach[2]

Vor zwanzig Jahren hat Marx seinen gewaltigen Kopf zur Ruhe gelegt, und trotzdem wir erst vor wenigen Jahren das erlebt haben, was man in der Sprache der deutschen Professoren „die Krise des Marxismus“ genannt hat, so genügt ein Blick auf die Massen, die heute dem Sozialismus allein in Deutschland folgen, auf seine Bedeutung im öffentlichen Leben aller sogenannten Kulturländer, um das Werk des Marxschen Gedankens in seiner Riesenhaftigkeit zu fassen.

Käme es darauf an, dasjenige, was Marx für die heutige Arbeiterbewegung getan, in wenigen Worten zu formulieren, so könnte man sagen: Marx hat die moderne Arbeiterklasse als historische Kategorie, d. h. als eine Klasse mit bestimmten geschichtlichen Daseinsbedingungen und Bewegungsgesetzen, sozusagen entdeckt. Vor Marx existierten wohl in den kapitalistischen Ländern eine Masse von Lohnarbeitern, die, durch die Gleichartigkeit ihres sozialen Daseins innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft zur Solidarität geführt, tastend nach einem Ausweg aus ihrer Lage und teilweise nach einer Brücke ins gelobte Land des Sozialismus suchten. Marx hat sie erst zur Klasse erhoben, indem er sie durch die besondere historische Aufgabe verband: durch die Aufgabe der Eroberung der politischen Macht zur sozialistischen Umwälzung.

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[1] Dieser Artikel ist nicht gezeichnet. Aus einem Brief Rosa Luxemburgs an Clara Zetkin geht hervor, daß sie die Verfasserin ist. (Siehe GW, Bd. 3, S. 122.)

[2] Karl Marx: Thesen über Feuerbach. In: Karl Marx, Friedrich Engels: Werke, Bd. 3, S. 535.