Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 595

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Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands vom 17. bis 23. September 1905 in Jena

[1]

I Rede über das Verhältnis von Partei und Gewerkschaften

[2]

Robert Schmidt hat mehrmals betont, daß es zwischen Partei und Gewerkschaften in Deutschland keinen Gegensatz geben könne. Tatsächlich darf es einen solchen Gegensatz nicht geben, aber wenn Erscheinungen in der Arbeiterbewegung dazu angetan sind, einen solchen Gegensatz zu schaffen und zu schüren, so hat uns gerade die Rede von Schmidt bewiesen, daß es wohl Elemente gibt, die dahin arbeiten. („Sehr richtig!“) Denn was war anders die Zentralachse der Rede von Schmidt, der sich eine Stunde erbeten hat, um seine Haltung in der Maifeierfrage zu rechtfertigen, die Redezeit aber dazu benutzt hat, eine unerhörte Hetze gegen die „Neue Zeit“ und die Theorie zu halten. („Sehr richtig!“) Und zwar war diese Hetze mit so unschönen Mitteln geführt, wie wir sie nur bei den ärgsten Gegnern aus dem bürgerlichen Lager kennen. („Sehr richtig!“) Kautsky, der eigentlich berufen ist, für die „Neue Zeit“ zu reden, ist gegenwärtig in der Fünfzehnerkommission[3] beschäftigt, ich fühle mich verpflichtet, an seiner Stelle einige Tatsachen vorzuführen, die die Methode von Schmidt in seinem Kampf gegen die „Neue Zeit“ beleuchten. Auch die Vorwürfe des „Vorwärts“ sind ja ausgeklungen in den wehmütigen Klagelaut: Ach, wie schade, daß die „Neue Zeit“ nicht genügend für die theoretische Durchbildung der. Massen arbeitet! Der „Vorwärts“ ist so beschäftigt, daß er das nicht tun kann. Zu denjenigen, die bereit sind, alle Augenblicke zu

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[1] Redaktionelle Überschrift.

[2] Redaktionelle Überschrift.

[3] Die Fünfzehnerkommission war vom Parteitag eingesetzt worden, um den sachlichen Inhalt einiger Anträge zu prüfen, in denen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen sozialdemokratischen Zeitungen, besonders dem „Vorwärts“ und der „Leipziger Volkszeitung“, über taktische Fragen, vorwiegend den politischen Massenstreik, als „Literatengezänk“ bezeichnet wurden und die unter diesem Deckmantel die Einstellung der Auseinandersetzung forderten. Die Kommission verwarf diesen Standpunkt.