Das Problem der „hundert Völker“
Über dem Riesenreich der russischen Knute, dem letzten Schlupfwinkel des absolutistischen „Gottesgnadentums“, steigt endlich die blutige Morgenröte wenigstens einer bürgerlichen Freiheit auf. Der Emanzipation der internationalen Arbeiterklasse vom Joche des Kapitalismus geht notwendigerweise die Emanzipation des letzten modern-kapitalistischen Landes von den eisernen Windeln des Mittelalters voraus. Und da konnte es natürlich nicht fehlen, daß in den Kreisen der russischen und auch der internationalen Reaktion das bekannte alte Thema von der „Unreife“ des Volkes für die bürgerlichen Freiheiten angeschlagen wurde. Man kennt die Weise, man kennt den Text. Es soll sich offenbar dasselbe gelungene Spiel, das schon mehrmals mit Erfolg gespielt worden, noch einmal wiederholen: Die herrschenden Klassen glauben so lange nicht an die politische „Reife“ des Volkes, wie es gutwillig von ihnen die Gewährung seiner Rechte verlangt, wie es auf ihre politische Einsicht und ihre menschlichen Gefühle noch etwas hält; der Glaube pflegt sich alsdann plötzlich einzustellen, nachdem das Volk mit festem Griffe dasjenige genommen hat, was ihm hartnäckig verweigert wurde; das politische Maturitätsexamen des „Volkes“ scheint für die herrschenden Klassen jedesmal erst dann abgelegt zu sein, wenn es ihnen nach Lassalleschem Rezept rücksichtslos die Faust aufs Auge und das Knie auf die Brust gedrückt hat.
Nun, wenn es nicht anders geht, so soll es ja auch an dem arbeitenden Volke in Rußland in dieser Beziehung nicht fehlen, hat es doch den letzten Rest seiner politischen „Unreife“, die in der naiven Hoffnung auf eine friedliche Eroberung der politischen Freiheit, auf eine friedliche Auseinandersetzung mit der Knute bestand, bereits gründlich abgestreift.
Aber die bürgerlichen Kannegießereien über die „Unreife“ des Volkes