Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 279

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wenn auch zum kleinen Teil, mitverantwortlich, dann stellen sie sich selbst ein sehr ungünstiges politisches Zeugnis aus. Denn der Zweck so chaotischer und unorganisierter Revolten in einem so wenig vorbereiteten und entsprechenden Moment ist als bewußte politische Taktik einfach unverständlich. Und dieser Umstand muß im Verein mit der Art und Weise, wie der Terrorismus von dieser Gruppe praktiziert wird, ihre ganze Taktik des Leichtsinns verdächtig machen.

Wir versprechen uns selbstverständlich nicht, durch vorstehende Bemerkungen die Taktik der russischen Sozialisten zu beeinflussen, glauben aber, daß es heilsam wäre, wenn die deutsche Parteipresse, der ja Nachrichten von den russischen Genossen mitgeteilt werden, diesen kritisch gegenüberstehen würde, um sich über die Schicksale der russischen revolutionären Sache, die auch unsere Sache ist, klarzuwerden.

Zum Schluß möchten wir noch bei dieser Gelegenheit eine interessante Tatsache hervorheben. Während man bei uns daheim bekanntlich den „orthodoxen“ Marxismus der blanquistischen Neigungen verdächtigt und bekanntlich bei Marx selbst den Bazillus des Blanquismus entdeckt hat, sind in dem einzigen Lande, wo die blanquistische Taktik praktische Anwendung finden kann, in Rußland, es nicht „orthodoxe Marxisten“, die ihr das Wort reden. Im Gegenteil, die russische Sozialdemokratie, die von Wera Sassulitsch und anderen vertreten wird, verwirft den systematischen Terrorismus für den gegenwärtigen Augenblick mit aller Entschiedenheit. Ausgeübt und verfochten wird diese jedenfalls stark mit dem Blanquismus verwandte Taktik von derjenigen Gruppe der russischen Sozialisten, die gleich unseren deutschen Revisionisten einen Befreiungskrieg gegen das „marxistische Dogma“ führt.

II

Zur Frage des Terrorismus in Rußland haben wir in unserem Leitartikel vom 27. August einige Bemerkungen gemacht und die Parteipresse zur kritischen Beurteilung der betreffenden Nachrichten aus Rußland aufgefordert.

Der „Vorwärts“ vom 30. August bringt nun zu derselben Frage die folgende Notiz:

„Über ein russisches Terroristenkomitee, auf dessen ‚Auftrag‘ hin das Attentat auf den Gouverneur von Charkow unternommen worden sei, wurden in der Presse in den letzten Tagen eingehende Berichte verbreitet. Ein

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