Eine Haupt- und Staatsaktion
[1]Das „Hamburger Echo“ bringt folgende Zuschrift mit der tönenden Überschrift „An die Parteigenossen!“, die wir mit den im Druck hervorgehobenen Stellen abdrucken:
„Die Unterzeichneten glauben es der Partei und speziell ihrer Wählerschaft schuldig zu sein, folgende Erklärung abzugeben:
In den letzten Wochen ist sowohl in einem Teile unserer Parteipresse wie auch in Parteiversammlungen eine Richtung hervorgetreten, die vorgeblich im Sinne der ‚Parteimehrheit‘ Anschauungen propagiert, von denen nach unserer Überzeugung zu sagen ist, daß sie in scharfem Gegensatz zu Wortlaut und Tendenz wichtiger Parteitagsbeschlüsse stehen. Wir meinen in erster Linie die in Jena beschlossene Resolution[2], betreffend den politischen Massenstreik. Genosse Bebel hat in seinem Schlußwort zur Begründung dieser Resolution, um alle aufgekommenen Zweifel über die Tendenz derselben zu zerstreuen, scharf betont, sie besage nicht, ‚daß in einem bestimmten Falle der Massenstreik unter allen Umständen, koste es, was es wolle, proklamiert werden soll‘. Diese Befürchtungen seien gegenstandslos; der Parteitag solle sich nur im Prinzip dafür aussprechen, ‚daß gegebenenfalls, unter bestimmten Voraussetzungen‘[3] die Parteiführer mit den Führern der Gewerkschaften über die Verwirklichung der Idee des poli-
[1] Siehe Bd. 1/1, S. 264, Fußnote 1.
[2] Die auf dem Parteitag der deutschen Sozialdemokratie vom 17. bis 23. September 1905 in Jena beschlossene Resolution bezeichnete die umfassendste Anwendung der Massenarbeitseinstellung als eines der wirksamsten Kampfmittel der Arbeiterklasse, beschränkte allerdings die Anwendung des politischen Massenstreiks im wesentlichen auf die Verteidigung des Reichstagswahlrechts und des Koalitionsrechts.
[3] Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Abgehalten zu Jena vom 17. bis 23. September 1905, Berlin 1905, S. 336.