Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 146

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Erklärung

Da ich bereits am Mittwoch, dem 25. [September], vor Beginn der Vormittagssitzung den Parteitag verlassen mußte, um zur Gerichtsverhandlung nach Posen[1] zu fahren, so war ich weder in der Lage, meinen Antrag betr. die Budgetabstimmung[2] zu vertreten noch bei den gegen mich in der Mittwochsitzung gerichteten Angriffen zugegen zu sein.

Zwar ist es seit jeher meine Gewohnheit, rein persönliche Angriffe nicht eines Wortes der Antwort für wert zu halten, weil für mich die Gehässigkeiten, mit denen ich von gewisser Seite hartnäckig bedacht werde und die nur ein Ausdruck politischer Gegnerschaft sind, einfach nicht in Betracht kommen.

Diesmal muß ich jedoch eine Ausnahme davon machen, und zwar dem Abg. R. Fischer gegenüber. Denn die Attacken u. a. gegen mich, in denen sich einige Delegierte während der Preßdebatte Luft machten, gingen über meine Person hinaus und hatten den augenscheinlichen Zweck, die literarischen und politischen Qualifikationen der Richtung, die u. a. auch ich vertrete, zu verdächtigen.

Der Abg. R. Fischer–Berlin hat nach dem „Vorwärts“-Bericht u. a. gesagt: „Man kann eine Auffassung vertreten in aller Schärfe, aber man darf die Meinungen der Genossen nicht fälschen und bloß in der Absicht, geistreich zu sein, zu rabulieren, zu unterschieben und zu fälschen, so zu (sic!) operieren, wie es die Genossin Luxemburg in der Millerand-Frage[3] und in ganz klassischer Weise in der letzten Nummer der ‚Neuen Zeit‘[4] getan hat.“[5]

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[1] Siehe dazu Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands vom 22. bis 28. September 1901 in Lübeck. In: GW, Bd. 1/2, S. 144 f.

[2] Siehe ebenda, S. 142.

[3] Siehe Rosa Luxemburg: Die sozialistische Krise in Frankreich. In: GW, Bd. 1/2, S. 5–73.

[4] Siehe Rosa Luxemburg: Der Parteitag und die Budgetbewilligung. In: GW, Bd. 1/2, S. 119-129.

[5] Nach dem Protokoll lautet dieser Passus: „Man kann eine Auffassung vertreten in aller Schärfe, aber man darf die Meinungen der Genossen nicht fälschen und bloß in der Absicht, geistreich zu erscheinen, so lange rabulisteln, bis die Wahrheit in ihrem Gegenteil erscheint. In ganz klassischer Weise hat sie [Rosa Luxemburg] das gerade wieder in der letzten Nummer der ‚Neuen Zeit‘ getan.“ (Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Abgehalten zu Lübeck vom 22. bis 28. September 1901, Berlin 1901, S. 192.)