Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 145

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heute als Unterdrücker der polnischen Sozialisten hinstellt. Jene Leute aber haben in der „Gazeta Robotnicza“ diesen Antrag völlig verschwiegen; das genügt, um Ihnen zu zeigen, wie sorgfältig sie es vermeiden, den polnischen Genossen, die sie verhetzt und verdummt haben, die Wahrheit zu enthüllen. Und diese Leute kommen hierher und sagen: Warum stoßt ihr uns zurück, warum wahrt ihr nicht unsere Rechte, wir wollen friedlich mit euch zusammenarbeiten. Wollen Sie noch einen Beweis dafür, was für schöne Brüder diese Leute sind, so erinnere ich nur an die vorletzte Nummer der „Gazeta Robotnicza“, wo als Ursache für den Verlust des Wahlkreises Mühlhausen und für die „Niederlage“ unserer Partei in Memel-Heydekrug angegeben wird, daß die deutsche Sozialdemokratie ebenso wie den Polen auch den französischen und litauischen Genossen gegenüber die Pflicht der internationalen Sozialdemokratie bricht. („Hört! Hört!“) Das sind die Mittel, womit diese Leute gegen uns agitieren. Und wollen Sie noch einen Beweis, um einzusehen, daß es Lug und Trug ist, wenn diese Leute sagen, sie wollen mit uns zusammenarbeiten, so erinnere ich an die Worte von Haase auf dem schlesischen Provinzialparteitag[1]: Wir pfeifen auf die Beschlüsse der deutschen Parteitage. Übrigens wird soviel Sums darum gemacht, daß derjenige, der die Verhältnisse nicht kennt, glauben könnte, es handelte sich um eine zahlreiche Gruppe, die mit uns nicht Hand in Hand gehen kann. Beruhigen Sie sich, es ist nur eine Handvoll Krakeeler, eine sogenannte Partei, die bequem auf einem Sofa Platz nehmen könnte. (Dr. Gumplowicz ruft: „Frech gelogen!“) Ach, Sie sind ja auch da, Sie gehören ja auch dazu. (Heiterkeit.) Mit Leuten, die auf dem Boden der internationalen Solidarität stehen, sind wir immer bereit, zusammenzuarbeiten, wie wir es in Posen und Oberschlesien tun. Will aber jenes Häufchen Leute durchaus ihr Extraeckchen auf dem Sofa haben, so mögen sie es behalten. Ich bitte Sie nochmals, über den Antrag Ledebour möglichst einstimmig zur Tagesordnung überzugehen. (Beifall.)

Protokoll Ober die Verhandlungen des Parteitages

der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.

Abgehalten zu Lübeck vom 22. bis 28. September 1901, Berlin 1901,

I: S. 96,

II: S. 108/109,

III: S. 127/128.

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[1] Georg Haase auf dem Parteitag der schlesischen Sozialdemokraten am 12. Mai 1901 in Breslau.