Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 567

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sucht werden, die sich durch besondere Vertiertheit auszeichnen? Aber auch zu Dutzenden geworfene Bomben und die „Urteile“ der schreierischen „Komitees“ über Individuen der Regierung können lediglich der äußerlichen Beruhigung und Betäubung der Revolutionäre dienen, die das Bedürfnis nach Getümmel und Lärm haben und die eine Reihe von abenteuerlichen Vorfällen, wenn dabei nur Blut fließt und Krach ist, für die Volksrevolution halten. Nur die freiwilligen Verbündeten des Absolutismus von der Gattung der „Nationalen Demokraten“ aus dem „Slowo Polskie“ (Polnisches Wort) oder Provokateure können die Sozialdemokratie dafür mit Schimpfwörtern bewerfen, daß sie die Arbeitermasse nicht mit Bomben „bewaffnet“ hat, als sie sie zur Maidemonstration aufrief. Man muß schon ein Hohlkopf sein, bar jedes Verantwortungsgefühls vor der Masse, um die Arbeiter zu täuschen, die Bombe könne das richtige Mittel des Massenkampfes sein – gegen Karabiner, die auf eine Entfernung von 500 oder 1000 Meter zielen, oder gegen die Artillerie, gegen Kanonen und Maschinengewehre, die der Absolutismus immer in Reserve hat.

Wo ist infolgedessen der Ausweg aus dieser Lage? Wie kann die Antwort der revolutionären Masse lauten auf das Gemetzel, mit dem die Regierung die Massendemonstrationen zu unterdrücken versucht?

Der Ausweg aus der Lage, die einzige Antwort ist:

noch häufigere Veranstaltung friedlicher Demonstrationen im ganzen Lande und

immer größere Steigerung des Umfanges dieser Demonstrationen.

Das ganze Geheimnis der Macht und der Siegesgewißheit der Arbeiterrevolution beruht darauf, daß keine Regierung der Welt sich auf die Dauer im Kampf gegen eine bewußte und revolutionäre Volksmasse halten kann, wenn dieser Kampf sich unaufhörlich ausbreitet und an Umfang zunimmt. Das Gemetzel und die brutale Übermacht geben der Regierung nur eine momentane, und zwar scheinbare Überlegenheit über die Masse. In Wirklichkeit ist jeder dieser Zusammenstöße der Volksmasse mit der Regierung ein Schritt der revolutionären Sache nach vorn, weil das Massengemetzel nur ein ungewöhnliches, selten angewandtes Mittel sein kann. Je häufiger aber die demonstrierenden Arbeitermassen auftreten, in je mehr Ortschaften Arbeiterdemonstrationen veranstaltet werden und je mehr die Masse wächst und sich ausbreitet, die auf die Straße geht, um so machtloser wird die Regierung gegenüber diesen Auftritten. In dem Maße, in dem die friedlichen Demonstrationen der Volksmasse zu einer täglichen und allgemeinen Erscheinung im Lande werden, werden die Gemetzel immer weniger möglich, denn sie erweisen sich als Abschreckungsmittel für die

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