Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 547

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staaten verfügen, bei so zahlreichen Armeen, bei einer so zum Angriff vorbereiteten Artillerie, so vervollkommneten Mordwerkzeugen, wie die heutigen Kanonen und Maschinengewehre, muß das Volk der Straße in einer regulären offenen Schlacht gegen das Militär von vornherein auf eine furchtbare Niederlage vorbereitet sein. Darum beruht der Sieg der Volksrevolution und die Eroberung der politischen Freiheit nicht auf der Hoffnung, daß die Arbeitermasse in Entscheidungsschlachten einen militärischen Sieg über das zaristische Heer davonträgt.

Unser Sieg und der Sturz des Despotismus sind nur dann möglich, wenn es gelingt, das Ausmaß der Revolution und die Anzahl des kämpfenden Volkes soweit wie möglich zu vergrößern, zu erhöhen und die Menge der Soldateska, die uns auf des Zaren Befehl gehorsam mordet, soweit wie möglich zu verringern. Und das bedeutet, daß zwei Dinge notwendig sind:

Anschluß der Landarbeiter an den revolutionären Kampf und

Gewinnung eines möglichst bedeutenden Teils der Truppen für die Sache der Revolution.

Die Agitation auf dem Lande und die Agitation in den Kasernen – das ist die richtige Antwort der Sozialdemokratie auf die Frage nach der Bewaffnung der Volksmasse und ihrer Vorbereitung auf die große Schlacht gegen den Absolutismus. Und diese Mittel, auf die die Sozialdemokratie verweist, sind nicht künstlich dem Klassenkampf des Proletariats aufgepfropft, wie jene Pläne von der „Bewaffnung“ der Masse, die schließlich und endlich darauf beruhen, daß einige Dutzend reiche junge Herren aus der bürgerlichen Intelligenz ein gutes Dutzend oder noch mehr Tausend Rubel geben müssen, damit einige andere reiche junge Herren ins Ausland fahren, Dynamit und Revolver einführen oder heimlich Bomben fabrizieren können.

Die Agitation auf dem Lande und die Agitation unter den Truppen sind keine scharfsinnigen Ausflüchte, die aus Verzweiflung für die Rettung der revolutionären Sache ausgedacht worden sind. Sie ergeben sich im Gegenteil aus unserem ganzen Klassenkampf, sind ein natürlicher Bestandteil seiner Aufgaben, auf die die Sozialdemokratie früher oder später mit dem Anwachsen der Arbeiterbewegung selbst stoßen müßte.

Der Landarbeiter stellt ebenso einen Teil des ausgebeuteten und unterdrückten Proletariats dar wie der städtische Arbeiter. Er ist ein Teil der Arbeiterklasse, ist ebenso ein Opfer des Privateigentums und der kapitalistischen Gesellschaftsordnung wie der Fabrikarbeiter, Handwerker oder Bergmann. Die zaristische Regierung peinigt den Landproletarier ebenso

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