Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 502

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den revolutionären Kreisen nach und hielt die Geister in dem Gesichtskreis der alten, dein städtischen Proletariat abholden Volkstümelei gebannt, obwohl der politische Höhepunkt der terroristischen Taktik bereits im Jahre 1881, mit der Beseitigung Alexanders II.[1], überschritten war.

Es galt unter solchen Umständen, dem städtischen modernen Proletariat in Rußland erst überhaupt das gesellschaftliche und historische Bürgerrecht zu erkämpfen, seine soziale und ökonomische Bedeutung, die in ihm schlummernden Keime einer künftigen revolutionären Kraft nachzuweisen, ebenso wie den „besonderen Zusammenhang der Idee des Arbeiterstandes“ mit der politischen Befreiung Rußlands vom Zarismus. Diese Aufgabe allein, der heiße theoretische, literarische Kampf mit den volkstümlerischen, antikapitalistischen Theorien um das Daseinsrecht des Kapitalismus und die Rolle des modernen Proletariats in der russischen Gesellschaft hat fast ein Jahrzehnt in Anspruch genommen.

Erst gegen Anfang der 90er Jahre waren die terroristischen Traditionen und die volkstümlerischen Vorurteile der russischen Intelligenz so weit überwunden und die Marxsche Lehre so weit in die Geister verpflanzt, daß eine sozialdemokratische Praxis beginnen konnte.

Damit begannen aber erst die Schwierigkeiten und die qualvollen Irrwege der Praxis. Zunächst nahm diese naturgemäß die Form einer geheimen Propaganda in geschlossenen kleinen Arbeiterzirkeln an. Der noch ganz rohe russische Proletarier mußte meistens erst im allgemeinen Sinne aufgeklärt, es mußten ihm erst die elementarsten Bildungselemente beigebracht werden, bevor er für die sozialdemokratische Lehre aufnahmefähig wurde. Die Propaganda wurde so notgedrungen mit allgemeiner Aufklärungsarbeit verbunden und in ein äußerst schwerfälliges, langsam vorwärtsschreitendes Werk verwandelt. Zirkel von 5, 10, 20 Arbeitern nahmen jahrelang die besten, ja sämtliche Kräfte der sozialdemokratischen Intelligenz in Anspruch. Dank der Gewissenhaftigkeit und dem Eifer, mit denen in Rußland die jeweilig herrschende Agitationsform stets bis zur äußersten Konsequenz, bis zur Absurdität verfolgt wird, mischte sich bald in die Zirkelagitation das unvermeidliche Element der Pedanterie, und die Sozialdemokratie bemerkte alsbald, daß mittlerweile der Sozialismus in den Zirkeln beinahe zu einer Karikatur auf die Marxsche Lehre vom Klassenkampf geworden war. Die Arbeiter wurden in den Zirkeln nicht zu kämpfenden klassenbewußten Proletariern, sondern sozusagen zu gelehrten Rabbinern des Sozialismus, zu abgerichteten Musterexemplaren aufgeklärter Arbeiter gemacht, die nicht in die große Masse

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[1] Siehe Bd. 1/1. S. 692. Fußnote 1.