Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 441

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unmittelbaren Eindruck der neuesten Vorgänge in der französischen, italienischen und deutschen Sozialdemokratie hat sich offenbar auch bei den russischen Sozialdemokraten die Neigung herausgebildet, den Opportunismus überhaupt als eine nur mit den Elementen der bürgerlichen Demokratie in die Arbeiterbewegung von außen hineingetragene, der proletarischen Bewegung selbst aber fremde Beimischung zu betrachten. Wäre dieses auch richtig, so würden sich die statutarischen Organisationsschranken an sich gegen den Andrang des opportunistischen Elementes ganz ohnmächtig erweisen. Wenn sich einmal der massenhafte Zufluß nichtproletarischer Elemente zu der Sozialdemokratie aus so tiefgewurzelten sozialen Ursachen ergibt wie dem rapiden wirtschaftlichen Zusammenbruch des Kleinbürgertums und dem noch rapideren politischen Zusammenbruch des bürgerlichen Liberalismus, dem Aussterben der bürgerlichen Demokratie, dann ist es eine naive Illusion, sich einzubilden, daß man durch diese oder andere Fassung der Paragraphen des Parteistatuts diese anstürmende Welle zurückdämmen könnte. Paragraphen regieren nur die Existenz von kleinen Sekten oder Privatgesellschaften, geschichtliche Strömungen haben sich noch immer über die spitzfindigsten Paragraphen hinwegzusetzen gewußt. Es ist ferner ganz verfehlt, zu denken, daß es auch nur im Interesse der Arbeiterbewegung liegt, den massenhaften Zufluß der Elemente abzuwehren, die von der fortschreitenden Auflösung der bürgerlichen Gesellschaft freigesetzt werden. Der Satz, daß die Sozialdemokratie, eine Klassenvertreterin des Proletariats, doch gleichzeitig die Vertreterin der gesamten Fortschrittsinteressen der Gesellschaft und aller unterdrückten Opfer der bürgerlichen Gesellschaftsordnung ist, ist nicht bloß in dem Sinne zu deuten, daß in dem Programm der Sozialdemokratie ideell alle diese Interessen zusammengefaßt sind. Dieser Satz wird zur Wahrheit in Gestalt des geschichtlichen Entwicklungsprozesses, kraft dessen die Sozialdemokratie auch als politische Partei nach und nach zur Zufluchtsstätte der verschiedensten unzufriedenen Elemente, daß sie wirklich zur Partei des Volkes gegen eine winzige Minderheit der herrschenden Bourgeoisie wird. Es kommt nur darauf an, daß sie die Gegenwartsschmerzen dieser bunten Schar von Mitläufern nachhaltig den Endzielen der Arbeiterklasse zu unterordnen, den nichtproletarischen Oppositionsgeist der revolutionären proletarischen Aktion einzugliedern, mit einem Worte, die ihr zufließenden Elemente sich zu assimilieren, sie zu verdauen versteht. Letzteres ist aber nur möglich, wo, wie bis jetzt in Deutschland, bereits kräftige, geschulte proletarische Kerntruppen in der Sozialdemokratie den Ton angeben und klar genug sind, die deklassierten und kleinbürgerlichen Mitläufer ins

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