Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 440

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und gegenüber einer starken, festgefügten Arbeiterpartei – im Gegenteil die Dezentralisation zur entsprechenden Tendenz des opportunistischen Akademikers wird.

Eben vom Standpunkt der Befürchtungen Lenins vor den gefährlichen Einflüssen der Intelligenz auf die proletarische Bewegung bildet seine eigene Organisationsauffassung die größte Gefahr für die russische Sozialdemokratie.

Tatsächlich liefert nichts eine noch junge Arbeiterbewegung den Herrschaftsgelüsten der Akademiker so leicht und so sicher aus wie die Einzwängung der Bewegung in den Panzer eines bürokratischen Zentralismus[1], der die kämpfende Arbeiterschaft zum gefügigen Werkzeug eines „Komitees“ herabwürdigt. Und nichts bewahrt umgekehrt die Arbeiterbewegung so sicher vor allen opportunistischen Mißbräuchen seitens einer ehrgeizigen Intelligenz wie die revolutionäre Selbstbetätigung der Arbeiterschaft, wie die Potenzierung ihres politischen Verantwortlichkeitsgefühls.

Und zwar kann das, was Lenin heute als Gespenst sieht, sehr leicht morgen zur greifbaren Wirklichkeit werden.

Vergessen wir nicht, daß die Revolution, an deren Vorabend wir in Rußland stehen, nicht eine proletarische, sondern eine bürgerliche Revolution ist, die die ganze Szenerie des sozialdemokratischen Kampfes stark verändern wird. Alsdann wird sich auch die russische Intelligenz recht bald mit stark ausgeprägtem bürgerlichem Klasseninhalt füllen. Ist heute die Sozialdemokratie die einzige Führerin der russischen Arbeitermasse, so wird am Morgen nach der Revolution das Bürgertum und in erster Reihe seine Intelligenz naturgemäß die Masse zum Piedestal seiner parlamentarischen Herrschaft formen wollen. Je weniger nun in der gegenwärtigen Kampfperiode die Selbstbetätigung, die freie Initiative, der politische Sinn der aufgewecktesten Schicht der Arbeiterschaft entfesselt, je mehr sie durch ein sozialdemokratisches Zentralkomitee politisch geleithammelt und gedrillt wird, um so leichter wird das Spiel der bürgerlichen Demagogen in dem renovierten Rußland sein, um so mehr wird die Ernte der heutigen Mühen der Sozialdemokratie morgen in die Scheunen der Bourgeoisie wandern.

Vor allem aber ist der ganze Grundgedanke der ultrazentralistischen Auffassung, der darin gipfelt, den Opportunismus durch ein Organisationsstatut von der Arbeiterbewegung fernzuhalten, ein verfehlter. Unter dem

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[1] In England sind gerade die Fabier die eifrigsten Verfechter bürokratischer Zentralisation und Gegner demokratischer Organisationsformen. Namentlich die Webbs. Die Red.