Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 425

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nicht entfernt erschöpft, es hat sich wieder einmal herausgestellt, daß die marxistische Auffassung des Sozialismus sich auf keinem Gebiet, auch nicht auf dem der Organisationsfragen, in starren Formeln fixieren läßt.

Das uns vorliegende Buch des Genossen Lenin, eines der hervorragenden Leiter und Streiter der „Iskra“ in ihrer vorbereitenden Kampagne vor dem russischen Parteitag[1], ist die systematische Darstellung der Ansichten der ultrazentralistischen Richtung der russischen Partei. Die Auffassung, die hier in eindringlicher und erschöpfender Weise ihren Ausdruck gefunden hat, ist die eines rücksichtslosen Zentralismus, dessen Lebensprinzip einerseits die scharfe Heraushebung und Absonderung der organisierten Trupps der ausgesprochenen und tätigen Revolutionäre von dem sie umgebenden, wenn auch unorganisierten, aber revolutionär-aktiven Milieu, andererseits die straffe Disziplin und die direkte, entscheidende und bestimmende Einmischung der Zentralbehörde in alle Lebensäußerungen der Lokalorganisationen der Partei.[2] Es genügt, zu bemerken, daß zum Beispiel das Zentralkomitee nach dieser Auffassung die Befugnis hat, alle Teilkomitees der Partei zu organisieren, also auch die persönliche Zusammensetzung jeder einzelnen russischen Lokalorganisation von Genf und Lüttich bis Tomsk und Irkutsk zu bestimmen, ihr ein selbstgefertigtes Lokalstatut zu geben, sie durch einen Machtspruch ganz aufzulösen und von neuem zu erschaffen und schließlich auf diese Weise indirekt auch die Zusammensetzung der höchsten Parteiinstanz, des Parteitags, zu beeinflussen. Danach erscheint das Zentralkomitee als der eigent-

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[1] N. Lenin: Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte rückwärts, Genf 1904. [W. I. Lenin: Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück. In: Werke, Bd. 7, Berlin 1968, S. 199–430.] [Fußnote im Original]

[2] Lenin antwortete auf Rosa Luxemburgs Ausführungen mit dem Artikel: Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück. Eine Antwort N. Lenins an Rosa Luxemburg. In: Werke, Bd. 7, S. 480–491. „Genossin Luxemburg meint also, daß ich ein Organisationssystem gegen ein anderes verteidige. Das ist aber in Wirklichkeit unwahr. In dem ganzen Buch, von der ersten bis zur letzten Seite, verteidige ich die elementaren Grundsätze eines jeden Systems einer jeden nur denkbaren Parteiorganisation. Mein Buch beschäftigt sich nicht mit dem Unterschied zwischen diesem oder jenem Organisationssystem, sondern mit der Frage, auf welche Weise man jegliches System einhalten, kritisieren und korrigieren soll, ohne dem Parteiprinzip zu widersprechen. Rosa Luxemburg sagt weiter, daß das Zentralkomitee nach dieser (Lenins) Auffassung die Befugnis hat, alle Teilkomitees der Partei zu organisieren’. In Wirklichkeit ist das unwahr. Meine Auffassung in dieser Frage kann durch den von mir eingebrachten Entwurf eines Organisationsstatuts der Partei dokumentarisch bewiesen werden. In diesem Entwurf ist keine Rede von dem Recht, die Teilkomitees zu organisieren. Die auf dem Parteitag zur Ausarbeitung des Parteistatuts gewählte Kommission fügte dieses Recht ein, und der Parteitag nahm den Kommissionsentwurf an. In diese Kommission waren außer mir und noch einem Anhänger der Mehrheit drei Anhänger der Minderheit des Parteitags gewählt worden, so daß in der Kommission, die dem Zentralkomitee das Recht gab, die Teilkomitees zu organisieren, gerade meine Gegner die Oberhand hatten.“ (S. 480 f.)