Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 408

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Provinz Posen und in Oberschlesien erst recht, das dreimal erscheinende und doppelt so große deutsche Parteiblatt für einen nur unbedeutend höheren Preis zu abonnieren.

Der Wirkungskreis des polnischen Blattes ist übrigens unvergleichlich größer, als die Zahl seiner zahlenden Abonnenten vermuten läßt, indem es zur Zeit der Wahlagitation in Tausenden von Exemplaren auch in andren Gegenden Deutschlands von Posen aus verbreitet wurde und gute Dienste geleistet hat. Die 2 600 M, die dieses Blatt der Parteikasse gekostet hat, liegen Ledebour schwer im Magen. Da aber die Gerechten vom Schlage Ledebours gewöhnlich Elefanten schlucken und Mücken seihen, so hat er gegen die Verpulverung der 40 000 M Parteigelder durch die ihm nahestehenden Sozialnationalisten während der zehn Jahre ihrer Parteizugehörigkeit natürlich kein Wort einzuwenden.

Eines steht jetzt fest. Ledebour hat von der Tribüne des Parteitages herab mit seinen „37 Abonnenten“ unwahre Tatsachen verbreitet und schwere Beschuldigungen gegen Genossen erhoben, die jedes tatsächlichen Anhaltspunktes entbehren. Jedenfalls gewährt sein glorreicher Feldzug gegen die „37“ und gegen die „Gruppe Luxemburg“ einen kleinen Einblick in sein geistig-politisches Laboratorium, und ich muß sagen, daß dieses eine verdammte Ähnlichkeit mit dem famosen Laboratorium des Kurpfuschers Nardenkötter hat: nichts als eine Badewanne und ein alter Blechofen.

Und nun Scherz beiseite. Ledebour hat sich zum unbewußten Werkzeug der ehrabschneiderischen Absichten einer fanatischen Gruppe von Leuten gemacht, die ihrerseits allerdings sehr wohl wissen, warum sie gerade gegen mich und gegen andre in Posen und Oberschlesien tätige Genossen eifern und geifern. Das einzige Verbrechen unsrerseits besteht in diesem Falle darin, daß wir den Standpunkt vertreten, daß Polen und Deutsche als Arbeiter zusammengehören, daß polnische Sozialisten, die zur Partei gehören wollen, sich auf den Boden des Parteiprogramms und des Organisationsstatus voll und ganz, ohne Zusätze und ohne Fortlassungen, stellen müssen und daß man durch die sozialistische Phrase nicht nationalistische Verhetzungen beschönigen dürfe.

Für dergleichen pflegt man sonst nicht von den eignen Genossen als Räuber und Mörder bezeichnet zu werden. Und wenn solche Anrempelungen obendrein von jemand kommen, der, wie Ledebour, wahrscheinlich nicht einmal aus dem Coupéfenster die Gegend gesehen hat, in der andre arbeiten – und es ist eine saure Arbeit, die gerade keinen besondren Genuß bereitet, ich kann es mit ruhigem Gewissen versichern –, so verdiente das eigentlich die schroffste Zurückweisung.

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