kapitalistische Produktion scheint für Say wie für Ricardo an keine Schranken gebunden zu sein, weil das Reich der menschlichen Bedürfnisse ein unendliches ist, und die Krisen ergeben sich dabei nur aus der mangelhaften Proportion in der Befriedigung der verschiedenen Bedürfnisse des Menschen.
Say schrieb in dem Anfangsstadium des Kapitalismus, noch vor Beginn der periodischen Krisenzyklen. Nach hundert Jahren tritt ein russischer Professor auf, der bei Marx in die Schule ging, Marx jedoch revidieren und korrigieren will. Tugan-Baranowski hat die Marxsche Lehre vom Fetischcharakter der Warenproduktion gründlich studiert, er hat sich in diese Lehre so vertieft, daß er sich schließlich unversehens selbst zu dem Fetischglauben bekehrt hat. Das von Marx aufgezeigte kapitalistische Trugbild, daß die Produktion um der Produktion und nicht um der Konsumtion willen da sei, daß die Maschine den Menschen konsumiere und nicht der Mensch die Maschine, ist ihm bitterer Ernst und harte Wirklichkeit. Wenn Ricardo-Say den kapitalistischen Konsumenten mit den Menschen verwechselten, so verwechselt der „Marxist“ Tugan-Baranowski nach hundert Jahren glücklich den Menschen mit der kapitalistischen Maschine und gelangt auf diese Weise in der Krisentheorie zu wesentlich gleichem Ergebnis. Für ihn wie für Say ist die Produktion an sich an keine Schranken gebunden, nicht aber weil der Mensch, sondern weil die Maschine unersättlich sei! Die Krisen sind nur ein Ergebnis der Kopflosigkeit der Menschen in ihrem Frondienst zur Befriedigung der gefräßigen stählernen Gottheit.
Nun aber kommt zum Schlusse der deutsche Professor, um das Gebäude zu krönen. Ein deutscher Professor, und dazu noch ein außerordentlicher, muß offenbar an der Krisentheorie Ricardo-Say-Baranowski seinerseits eine derartige Korrektur vornehmen, daß dabei nicht nur der Inhalt dieser spezifischen Theorie, sondern jede Krisentheorie überhaupt mitsamt dem gesunden Menschenverstand verschwindet. Nicht diejenigen Produktionszweige – belehrt Herr Sombart „in der ihm eigenen glänzenden Weise“ seinen russischen Kollegen –, nicht diejenigen Zweige haben die immanente Tendenz, unbeschränkt sich auszudehnen, welche Produktionsmittel herstellen, sondern diejenigen Zweige, die anorganische Stoffe zur Produktion verwenden. Die anorganischen Stoffe haben nämlich nach dem Breslauer Professor eine besondere Eigenschaft, mit Leichtigkeit hohe kapitalistische Profite zu erzeugen und deshalb besonders magnetisch auf das profihungrige Kapital zu wirken. Daher die Neigung solcher Zweige zu Exzessen, zu plötzlichen Expansionen und zur Überproduktion.