Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 164

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Der „Figaro“ schrieb aus diesem Anlaß am 20. November:

„Herr Waldeck-Rousseau hat gestern eine Rede gehalten, die wir an den Mauern aller Gemeinden Frankreichs angeschlagen sehen möchten. Das konservative Frankreich richtet sich nunmehr zu neuem Hoffen auf. Die Revolutionäre, die Vaterlandslosen, die Agenten der nationalen Spaltung und des sozialen Zusammenbruchs sind einem Widersacher begegnet, wo sie einen Mitschuldigen zu finden hofften.“

Und das „Écho de Paris“:

„Herr Waldeck-Rousseau hat die historische Rolle des Katholizismus konstatiert, die Rechte auf Dankbarkeit gegenüber den Missionen anerkannt, die dem kommerziellen und industriellen Vordringen vorangehen, er hat behauptet, daß die wahren Traditionen Frankreichs durch seine auswärtige Autorität und durch seine koloniale oder Schutzexpansion aufrechterhalten wären, daß man, wenn man am Ruder der Landesinteressen steht, sich nicht durch kleine Zwistigkeiten hypnotisieren lassen und vergessen könne, daß in dem Weltgleichgewicht die französische Republik ihre edle Rolle zu spielen habe ... Das alles war so einleuchtend, daß ein plötzlicher Ruf erscholl: Aber das ist ja der reinste Nationalismus!“

Endlich der „Erzfeind“ Méline in seiner „République“:

„Die durch H. Ribot so trefflich dargelegte Doktrin, betreffend den Schutz der Katholiken im Orient, hat nichts an Kraft verloren, indem sie durch den Mund des Herrn Waldeck-Rousseau passierte. Der Ministerpräsident hat sogar die großen Dienstleistungen der katholischen Missionäre in China kräftiger unterstrichen und wärmer ihre Verdienste gefeiert. Er hat verschmäht, auf den leichten Vorwurf zu antworten, der auf aller Lippen war: Wenn die Missionäre für unser Land so nützlich waren, warum haben Sie ihnen so schlecht gedankt und die Kongregationen gemaßregelt, denen sie angehören? ...

Wir überlassen es den Freunden des Ministerpräsidenten, diese Widersprüche, die sie gestern zu verblüffen schienen, hervorzuheben; unsere Sache ist es nicht, uns zu wundern. Wir haben unsere Verwunderung ausgedrückt, als Herr Waldeck-Rousseau, den vulgären Instinkten seiner Majorität gehorchend, ihr die tonsurierten Köpfe und die Nonnenhabite auslieferte. Heute finden wir seine Stellung natürlich, entsprechend der großen französischen Tradition, entsprechend seiner Vergangenheit, würdig seiner mit einem Worte. Wir begrüßen seine Rückkehr oder seinen Übergang zur großen republikanischen Familie, aus der er sich zu Abenteuern entfernte, die vielleicht seinen tiefen Skeptizismus amüsierten, die ihn aber schließlich selbst anzuekeln beginnen.“

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