Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 104

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„Mit allen denen, woher sie auch kämen, die sich über diese dreifache organische Notwendigkeit (Grundzüge des obenerwähnten Einigungsprojektes) klar sind, ist die Einigung nicht nur möglich, sondern sie ist, was uns betrifft, schon gemacht, in dem Sinne, daß sie vermittelst einer außerordentlichen Konferenz, das heißt einer Verständigung der Delegierten von den betreffenden Organisationen, jederzeit von beute ab endgültig sanktioniert oder registriert werden kann.“

Es ist klar nach alledem, daß es nunmehr bloß der Einwilligung jener „außerordentlichen Konferenz“ der guesdistischen und blanquistischen Partei wie der Gruppen, die mit ihnen dem Kongreß in Lyon den Rücken gekehrt haben, bedarf, um die Einigung zu verwirklichen.

Der Nationalrat der Französischen Arbeiterpartei erklärt zwar in seiner letzten Sitzung (vom 31. Mai) einstimmig, daß er „in Erwartung und zur Vorbereitung der sozialistischen Einigkeit, die das Ziel der Bestrebungen der Französischen Arbeiterpartei nach wie vor ist, bereit sei, sich in einem Verständigungskomitee (Comité dʼentente) vertreten zu lassen, das nach den zu bestimmenden Regeln alle Gruppen umfassen würde, die auf dem Boden des Klassenkampfes ohne alle Kompromisse mit der Bourgeoisie stehen“.

Wir glauben jedoch nicht, in dieser Bereitwilligkeit zur Teilnahme an einem erst zu schaffenden losen „Verständigungskomitee“ alle Schritte der Französischen Arbeiterpartei zur Einigung erblicken zu müssen. Es wäre dies sonst nicht nur eine Außerkraftsetzung des bereits ausgearbeiteten Einigungsprojektes wie der mehrfach abgegebenen Erklärungen der Französischen Arbeiterpartei, sondern auch eine Zurückführung der Einigungsfrage auf ein Stadium, das bereits vor zwei Jahren als überholt anerkannt wurde. Was sich für die alten Parteien als der einzig verständliche Weg zur Einigung nach allem, was geschehen und gesagt worden ist, heute ergibt, ist die erwähnte „außerordentliche Konferenz“ und die unverzügliche Verwirklichung des eigenen Einigungsentwurfes.

Letzterer ist aber auch eine dringende Notwendigkeit. Solange nämlich die sozialistischen Kräfte „alter Schule“ zersplittert bleiben, hat die in Lyon zur Partei organisierte Richtung ihnen gegenüber trotz all der inneren Zerfahrenheit ein gewisses Übergewicht dadurch schon, daß sie geeinigt ist. Und umgekehrt gewinnen die „antiministeriellen“ Elemente sofort das ganze Übergewicht, sobald sie sich zu einer Partei verbunden haben. Vor allem zerstören sie damit endgültig das von ihren Gegnern hartnäckig kolportierte Märchen, als seien bloß die persönlichen Rivalitäten der Chefs oder engherziger „Sektenfanatismus“ die eigentlichen

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