Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 572

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stehen sich wie zwei feindliche Welten gegenüber: die Gesellschaft einerseits, das Militär und die Behörden andererseits.“

Die Pflicht der Sozialdemokratie als Klassenpartei ist es, direkt umgekehrt die Arbeiter sofort davor zu warnen, den Schein für das Wesen der Sache zu halten, sie auf die schändliche Tatsache der völligen Passivität der „Gesellschaft“ und ihrer hündischen Fügsamkeit gegenüber der Regierung der Häscher hinzuweisen, hinzuweisen auf den zischenden Haß in der bürgerlichen Presse gegenüber der revolutionären Haltung des Proletariats, den Arbeitern zu erläutern, daß die „nüchternen Elemente“, d. h. die reaktionäre Bourgeoisie, keine Ausnahmen, sondern die maßgebenden Vertreter unserer bürgerlichen Gesellschaft sind. Mit einem Wort, auch in der gegenwärtigen Situation ist es die Aufgabe der Sozialdemokratie, die Arbeitermasse als eine sich ihrer politischen Besonderheit bewußte Klasse abzugrenzen, ohne wegen Scheinerfolgen und wegen vorgeblicher Erfordernisse der augenblicklichen Situation auch nur um ein Jota von ihrer ständigen Aufgabe abzuweichen, das Proletariat zum Klassenkampf mit der Bourgeoisie zu organisieren, ihm zu erläutern, daß die „zwei Welten“, in die die Revolution unser Land zerrissen hat, nicht die russische Regierung einerseits und die polnische „Gesellschaft“ andererseits sind, sondern das kämpfende polnische Proletariat neben dem russischen und gegen dieses die polnischen bürgerlichen Klassen neben der zaristischen Regierung.

Und nur auf diese Weise, indem sie das nächstliegende Ziel des politischen Kampfes mit der ständigen Klassenagitation verbindet, sowohl bei ökonomischen Streiks als auch während der allgemeinen Streiks und bei den Massendemonstrationen, mit einem Wort, bei allen Erscheinungen und Augenblicken des Kampfes hebt die Sozialdemokratie im Sinne des Kommunistischen Manifests gegenüber separaten Gruppen des Proletariats seine Interessen und die Klassenbewegung als Ganzes und gegenüber separaten Augenblickszielen des Kampfes sein endgültiges Ziel, die sozialistische Befreiung von der Herrschaft der kapitalistischen Gesellschaft, hervor.

Czerwony Sztandar (Krakau),

Nr. 26 vom Mai 1905, Beilage.

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