Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 542

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vom Kleinbürgertum, ohne überhaupt zu verstehen, was sich aus ihren Kämpfen für sie selbst ergibt.

Der Kampf zwischen dem Proletariat und der Bourgeoisie begann erst bedeutend später. Dadurch wuchs die Sozialdemokratie in Frankreich und in Deutschland schon auf dem Boden der bürgerlichen Verfassung, nutzte sie von Anfang an die parlamentarischen Wahlen aus, die Presse- und Redefreiheit, die Versammlungs- und Koalitionsfreiheit. Sie stand nicht, wie wir im Zarenstaat, vor der Aufgabe: Wie sind alle diese elementaren politischen Rechte zu erobern? Sie stand nicht vor der Frage: Was ist zu tun im Augenblick einer solchen Revolution? Wie den Sieg beschleunigen? Wie die Masse des arbeitenden Volkes führen?

Alle diese Fragen stehen heute vor uns, und da uns die Erfahrung der Bruderparteien in den anderen Ländern noch keine Antwort darauf geben kann, müssen wir diese Antwort selbst finden.

Es gibt Sozialisten, für die natürlich die vordringlichste Frage, wegen der man sich jetzt den Kopf zerbrechen muß – die Frage der Bewaffnung der Arbeiterklasse ist. Nach diesen Politikern wird schon alles wie geschmiert gehen, und der Sieg über den Absolutismus wird in der Tasche sein, wenn wir nur eine entsprechende Menge Dynamit, Bomben und Revolver vorrätig haben. „Wir besitzen bereits revolutionäre Kräfte“, erklärt z. B. das Organ der PPS[1] „Robotnik“, Nr. 59, „jetzt wollen wir die revolutionären Mittel erobern, Kampforganisationen aufstellen, Waffen und Kampfmittel herbeischaffen, und wir werden die politischen Freiheiten erobern.“ Diese Anschauungsweise liegt gänzlich im Sinne solcher Parteien wie der PPS oder der sog. Sozialrevolutionäre[2] in Rußland, im Sinne der Parteien, die sich der Klassenbewegung des Proletariats nur künstlich angeschlossen haben und in dieser ganzen Bewegung vor allem nur eine bestimmte Anzahl von Menschen sehen, die für die physische Schlacht eingesetzt werden kann. Die Bourgeoisie, für die die politische Macht der Massenbewegung des Volkes gänzlich unbegreiflich ist, sieht auch in allen sozialpolitischen Kämpfen nur die Frage der rohen physischen Gewalt. Wenn man z. B. unseren durchschnittlichen Fabrikanten oder Krautjunker fragte, warum er die Wiederherstellung Polens gegenwärtig für unmöglich hält, so würde er sicherlich antworten, daß das eine ganz einfache Sache ist: „Denn woher nehmen wir, mein Herr, so viele

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[1] Siehe S. 306, Fußnote 3.

[2] 1902 waren die russischen Sozialrevolutionäre als kleinbürgerliche Partei, die sich auf die Bauernschaft stützte, aus den Resten der Volkstümlerbewegung (Narodniki) hervorgegangen. Sie leugneten die führende Rolle des Proletariats in der revolutionären Bewegung und wollten die Beseitigung der zaristischen Selbstherrschaft und die Errichtung einer demokratischen Republik durch individuellen Terror erreichen.