Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.2, 7., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2000, S. 444

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„legitime“ Ausdruck des gegebenen Stadiums des geschichtlichen Prozesses erweist. Endlich erscheint auf der Bildfläche als ein noch legitimeres Kind des Geschichtsprozesses – die russische Arbeiterbewegung, die den schönsten Anlauf nimmt, zum erstenmal in der russischen Geschichte nun wirklich einmal einen Volkswillen zu schaffen. Jetzt aber stellt sich das „Ich“ des russischen Revolutionärs schleunigst auf den Kopf und erklärt sich wieder einmal für einen allmächtigen Lenker der Geschichte – diesmal in der höchsteigenen Majestät eines Zentralkomitees der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung. Der kühne Akrobat übersieht dabei, daß das einzige Subjekt, dem jetzt diese Rolle des Lenkers zugefallen, das Massen-Ich der Arbeiterklasse ist, das sich partout darauf versteift, eigene Fehler machen und selbst historische Dialektik lernen zu dürfen. Und schließlich sagen wir doch unter uns offen heraus: Fehltritte, die eine wirklich revolutionäre Arbeiterbewegung begeht, sind geschichtlich unermeßlich fruchtbarer und wertvoller als die Unfehlbarkeit des allerbesten „Zentralkomitees“.

Die Neue Zeit (Stuttgart),

22. Jg. 1903/04, Zweiter Band,

I: S. 484-492,

II: S. 529-535.

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